Von Lower Franconia zur großen Europa-Politik nach Brüssel – drei neue Mitglieder der Europa-Union Aschaffenburg und Schüler des Dalberg-Gymnasiums vertraten Deutschland auf EU-Ebene.

Hans-Dietrich Genscher sagte einst: ‚Europa ist unsere Zukunft, sonst haben wir keine‘. Aufgrund genau dieser Erkenntnis setzten sich im Frühjahr 1957, vor genau 60 Jahren, die Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland, Belgiens, Frankreichs, Italiens, Luxemburgs und der Niederlande zusammen und erarbeiteten die Römischen Verträge, welche den Grundstein zu einer gemeinsamen, paneuropäischen Zusammenarbeit legen sollten. Aus dem anfänglich lockeren, auf die Wirtschaft fixierten Bündnis wurde eine Union, eine starke Wertegemeinschaft, bestehend aus 28 Staaten, die durch ihre Zusammenarbeit weltweit Unübertroffenes leistete: völlige Reisefreiheit, Freihandel, eine gemeinsame Währung und vor allem Kommunikation und Friede. Dem stehen enorme Herausforderungen gegenüber: Nationalismus ist auf dem Vormarsch und durch den Austritt Großbritanniens scheint ein Kollaps der Vision unserer Gründerväter nicht ausgeschlossen. Was wird aus der Union? Wohin geht der Weg, den Konrad Adenauer, Robert Schuman und Winston Churchill vor 60 Jahren aus den Ruinen eines vom Krieg zerstörten Europas einschlugen?
Um diese Fragen zu diskutieren, lud das ‚European Economic and Social Committee‘ drei jugendliche Delegierte aus allen 28 Mitgliedsstaaten und aus den fünf Beitrittskandidatenländern ein, um im Rahmen der Veranstaltung ‚Your Europe Your Say‘ (YEYS) zu diskutieren und internationalen Austausch zu fördern. Die Schulen, die die Vertreter ihrer Nation stellten, wurden per Los entschieden … und das Dalberg-Gymnasium hatte Fortuna auf seiner Seite. Vom 30.03. bis zum 01.04.2017 fuhren Emily Fella, Phil Kievel und Aaron Markert (alle Q11) mit ihrer Lehrerin Karin Urban, der die Teilnahme am Wettbewerb zu verdanken ist, nach Brüssel, um ganz Deutschland bei diesem internationalen Event zu repräsentieren. Der Sitzung in Brüssel ging der Besuch von Frau Dr. Renate Heinisch, Mitglied im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, ehemalige Abgeordnete des Europaparlaments und Ehrenmitglied in der Europa-Union Main-Tauber-Hohenlohe, an unserer Schule voraus, um die Schülerin und die Schüler auf YEYS vorzubereiten. Frau Dr. Heinisch war auch in Brüssel wieder vor Ort und nicht zuletzt ihre herzliche und tatkräftige Unterstützung trug entscheidend zum Erfolg der deutschen Delegation bei. Vielen Dank, Renate, für Ihren Witz und Ihren Charme, der diese Veranstaltung im Herzen des Brüsseler Europaviertels zu einem unvergesslichen Erlebnis für uns alle machte!
Die Veranstaltung begann am Donnerstagnachmittag mit der Begrüßung in den Räumlichkeiten des Wirtschafts- und Sozialausschusses und den darauffolgenden ‚Icebreakers‘, bei denen sich der versammelte europäische Schmelztiegel, bestehend aus 99 Delegierten, 34 Lehrkräften, EU Abgeordneten und Journalisten, besser kennen lernen und erste Kontakte knüpfen konnte. Mit grenzenloser Begeisterung nahm auch unsere Delegation an den Spielen teil, die schon die ersten politischen Diskussionen bereit hielten. Nach einem reichhaltigen Buffet endete der erste Tag und die drei Jugendlichen starteten mit vielen neuen Eindrücken zu einer abendlichen Erkundung der Brüsseler Innenstadt. Nach einer kurzen Nacht fanden sich Aaron, Emily und Phil am nächsten Tag wieder im Ausschuss ein, um mit dem eigentlichen Programm zu beginnen. Den Anfang machte eine Podiumsdiskussion im Plenarsaal, geleitet von Gonzalo Xavier, dem ‚Vice President of the European Economic and Social Committee‘ und Jyrki Katainen, Vizepräsident der EU Kommission, bei der die Schüler die Möglichkeit hatten, ihre Fragen loszuwerden. Im Anschluss beschäftigten sich die Delegierten in verschiedenen Workshops mit EU-relevanten Themen und erarbeiteten konkrete Lösungsansätze für aktuelle Probleme. Emily Fella setzte sich an einem Stand mit dem Titel ‚Gender Equality‘ resolut für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der EU ein, während ihre beiden Mitdelegierten zunächst an Diskussionen zum Thema Nationalismus und Grenzsicherheit teilnahmen. Letzten Endes schlossen sich Aaron Markert und Phil Kievel allerdings noch ihrer Kollegin an, um sich gemeinsam für Gleichberechtigung stark zu machen – denn so funktioniert die EU … was Einzelne nicht erreichen können, wird durch Zusammenarbeit möglich und für unrealisierbar Gehaltenes wird plötzlich greifbar. Phil Kievel wurde sogar die Ehre zuteil, den erarbeiteten Antrag zusammen mit einer mazedonischen Kollegin im Plenarsaal des Ausschusses zu präsentieren.
Nach der finalen Abstimmung über die vorgeschlagenen Punkte im Plenum fand der offizielle Teil von ‚Your Europe Your Say‘ schon ein Ende. Es folgte noch ein letztes Abendessen und anschließend führte der Weg abermals in die Innenstadt. Dank Frau Urbans Planung konnte diese am darauffolgenden Tag jedoch noch ausführlich erkundet werden, da die Rückreise zurück nach Aschaffenburg erst für den Abend angesetzt war. Viel schneller als erwartet gingen so drei ereignisreiche und aufregende Tage ganz im Zeichen des europäischen Geistes vorüber, die die drei Modellparlamentarier sehr beeindruckten.
‚Es war ein unvergessliches Erlebnis‘, resümiert Emily Fella, ‚Besonders spannend war es, all das im Unterricht theoretisch Erlernte über die EU und ihre vielen Einrichtungen live erleben zu können. Zusätzlich konnten wir viele neue Leute aus ganz Europa kennenlernen und neue Freundschaften knüpfen.‘
Aaron Markert bringt das Erlebte auf den Punkt: ‚YEYS hat uns eine einmalige Gelegenheit geboten, Politik hautnah erleben zu dürfen, Eindrücke aus der Stadt Brüssel mitzunehmen und mit Leuten aus ganz Europa in Kontakt treten zu können. Alles in allem eine tolle Erfahrung.‘
‚Your Europe Your Say‘ zeigt, dass Europa kein inhalts- und bedeutungsloses Konzept ist, sondern ein lebendiger Beweis, dass Zusammenhalt und Zusammenarbeit Disparitäten überwinden. Die EU wird gebraucht und wenn jungen Europäern in Brüssel eine Stimme verliehen wird, ist der nächste Schritt in eine erfolgreiche gemeinsame europäische Zukunft getan.
Phil Kievel für den Wahlkurs Modellparlament und Neumitglied bei der Europa-Union Aschaffenburg