Eingeladen hatte der Arbeitskreis Politik und Geschichte der Europa-Union Hammelburg. Herbert Danzer sprach vor einem zahlreich erschienenen Publikum. Bis auf den letzten Platz war der Sitzungsraum im Europa-Haus belegt.

Russland und der Westen. Ein Kampf der Ideen und Überzeugungen der nie enden wird. Zu groß sind die weltanschaulichen Gegensätze. Danzer machte den Zuhörern klar, dass seit zwei Jahren Russland als geschickter Akteur auf die politische Bühne zurückgekehrt ist. Weltanschaulich unterschiedliche Blöcke wollen sich als Großmächte behaupten und auf das Schicksal und Gedeihen ihrer Völker jetzt und für die Zukunft Einfluss nehmen.
Es waren die Jahre nach der Auflösung und Zerfall der Sowjetunion. Das Riesenreich suchte nach 1991 aus wirtschaftlicher und militärischer Schwäche heraus Anschluss an die NATO, ohne dem Bündnis beizutreten. Fast vergessen ist die im Jahre 1997 in Paris unterzeichnete Vereinbarung, die auf vertraglich gesicherte Zusammenarbeit der beiden Mächte hinauslief. Die sogenannte NATO-Russland Grundakte. Bereits in den Jahren davor, zeigte sich die ihrem Ende zu taumelnde Sowjetunion unter den miserablen wirtschaftlichen Bedingungen bereit – der Ölpreis verfiel, Moskau fehlten die notwenden Finanzmittel um Staat, Wirtschaft und Militär modern auszubauen – nach Westen hin ohne Selbstaufgabe zu öffnen.
Im Rahmen dieser von beiden Seiten gesuchten Kontakte, die NATO-Grundakte sollte mit Leben erfüllt werden, begann für Danzer eine neue Aufgabenstellung in der Bundeswehr. Er fand Verwendung in Moskau in verschiedenen herausgehobenen nationalen und internationalen Positionen. 1999 war er Heeresattache´ an der deutschen Botschaft.
Eine fruchtbare Zeit in Russland für den Generalstabsoffizier der in kürzester Zeit die russische Sprache erlernte. Auch das russische Militär profitierte damals von der Offenheit der NATO. So Danzer. Partnerschaft war angesagt. Vor allem von russischer Seite wurde der fachliche Austausch innerhalb des militärischen Personals gesucht. Salopp gesagt, man ließ sich damals gegenseitig in die Karten schauen.
Mit der Wegnahme der Krim im Jahre 2014 und der militärischen Unterstützung der Separatisten in der Ost-Ukraine hat sich das Verhältnis des Westens zu Russland grundsätzlich gewandelt. Russland brach das Völkerrecht.
Die Russische Föderation trat seit dem Einmarsch auf der Krim gegenüber dem Westen mit dem alten Anspruch einer eurasischen Weltmacht auf, die auf niemanden Rücksicht nehmen muss. An erster Stelle steht in Russland Macht und Größe. Dieser Maxime hat sich alles unterzuordnen. Daraus macht der derzeitige russische Außenminister keinen Hehl. Er begründet Russlands Großmachtrolle im Rückgriff auf die eigene Geschichte und verbietet anderen Staaten an den inneren Verhältnissen Russlands Kritik zu üben. Russland bleibt ein schwieriger Partner.
Die politische und militärische Ausweitung der Europäischen Union und der NATO auf Gebiete die ehemals dem sowjetischen Imperium zugehörten, traf das Selbstverständnis der imperial denkenden Russen hart. Russland baute in kurzer Zeit eine Kulisse der Bedrohung durch den Westen in den Medien auf. Die russische Propaganda setzte alle Mittel ein, scheute keine Lüge und Verdrehung der Tatsachen, um im wahrsten Sinne des Wortes Boden wieder gutzumachen. Putin, wie andere Autokraten auch, benötigen den äußeren Feind um ihre Völker hinter sich zu halten. Da keine freie Presse den Menschen in Russland ungefiltert Nachrichten liefert, verfehlen Lüge und Täuschung nicht ihre Wirkung.
Danzer hält das diplomatische Kontakthalten, bei gleichzeitiger Stärke und Wahrung der eigenen westlichen Position, für den im Moment einzigen gangbaren Weg im Umgang mit Russland. Danzer sagt Ja zu Sanktionen gegen das wirtschaftlich abhängige Russland. Europa muss einig sein und Stärke zeigen, so Danzer.
Dass Russland im Syrienkonflikt militärisch eingreift, syrische Städte bombardiert und die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen zerstört, hielt einer der Diskutanten für ein eklatantes Kriegsverbrechen. Russland hat strategisches Interesse an eigenen Militärbasen in diesem geschundenen Land.
Die Flüchtlingsströme die sich in Richtung Europa bewegen, insbesondere nach Deutschland, schwächen und destabilisieren das europäische Bündnis. Offenbar eines der strategischen Ziele Russlands. Es formieren sich die Gegenkräfte. Das neutrale Schweden führt wieder die Wehrpflicht ein. Ein Vorgang der zu denken geben sollte.
Wegen Aufnahme und Verteilung der Flüchtlinge gibt es in Brüssel und in europäischen Hauptstädten handfesten Streit. Falls die Integration der Flüchtlinge in Europa nicht gelingt, sind diejenigen europäischen Staaten mit hohem Anteil von Flüchtlingen, vermutlich auf Jahre und Jahrzehnte hinaus kulturell gespalten und politisch geschwächt. Diese Situation spielt heute Putin in die Hände. Und morgen seinen Nachfolgern.
Die Verwerfungen reichen bereits in den Nahen Osten. Die früheren Mandatsmächte Frankreich und England sind aus dem militärisch politischen Spiel ausgeschieden. Russland und allenfalls die USA mit zögernden Waffeneinsätzen gegen den Islamischen Staat, sind die Garantiemächte für den syrischen Machthaber Assad.
Danzer ist scharfsinniger Analytiker. Er verfügt über ein detailgenaues Faktenwissen. Danzer ruft den Europäern zu: Wahret Geschlossenheit, suchet den Dialog, zeigt euere Stärke.
Der Abend mit diesem Kenner Russlands im Europahaus war für alle ein Gewinn.