Unter dem Anspruch „Verantwortung für Frieden und Menschenrechte“ fand die 64. Ordentliche Landesversammlung der Europa-Union Bayern e.V. in Ansbach am 19. und 20.06.2015 statt. Neuwahlen standen an und 93 Delegierte aus allen bayerischen Bezirken Kreisverbänden erschienen in Ansbach.

Festredner der Landesversammlung 2015 Dr. Hoachim Herrmann, byerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr

Festredner der Landesversammlung 2015 Dr. Hoachim Herrmann, byerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr

Die Festrede hielt Staatsminister Joachim Herrmann. Dieser unterstrich die Bedeutung einer europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik, bei der sich alle Mitgliedsstaaten an die vereinbarten Spielregeln halten müssten. Die erfolgreiche Zusammenarbeit der Polizei mit der Justiz, Länder übergreifend, fällt in sein Ressort. Vorgaben der Regierungen sind durchzusetzen. Wenn Zuwanderung, dann geordnet. Auch die Handhabung der Abschiebung muss nach Recht und Gesetz erfolgen. „Die Bürger müssen sich sicher fühlen, auch in dieser Zeit der massenhaften Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Die Kriminalität im Umfeld des Zuzugs der Menschen ist tägliche Realität bei Polizei und Sozialämtern“, sagte Herrmann.

Vorsitzende der Jungen Europäer Bayern Julia Kovacs

Vorsitzende der Jungen Europäer Bayern Julia Kovacs

Die Vorsitzende der Jungen Europäer (JE) Frau Julia Kovacs wies bei ihrer Begrüßungsrede auf die diesjährigen Jubiläen „70 Jahre Frieden – Ende des Zweiten Weltkriegs“, „30 Jahre ohne Grenzen – Schengener Abkommen“ sowie auf „65 Jahre Schlagbaum-Aktion“ an der deutsch-französischen Grenze des damals noch neuen Verbandes Junge Europäische Föderalisten hin. Sie lobte die Aktionen der JEs in Bayern zur Europawahl und zum Schengener Abkommen im vergangen Jahr und zeigte auf das nicht nur erfahrene Europäer, sondern auch die Jungen Europäer Verantwortung tragen müssen. Kovacs wies auf eine verbesserte verbandsinterne Kommunikation hin, welche durch einen Landesausschuss, also einem Treffen der Vorsitzenden aus jedem Kreisverband, geschaffen wurde. Des weiteren begrüßte Sie die Einführung eines neuen Newsletters, welcher auf der Homepage der JE zu finden ist.

Flüchtlings- und Asylpolitik

Am Weltflüchtlingstag wurde im Arbeitskreis „Flüchtlings- und Asylpolitik in der Praxis der Kommunen“ nach einer Hinführung zum Thema mit Beschreibung der Lage in Bamberg durch den Stellvertretenden Vorsitzenden Matthias Zürl ein etwa zwanzig-minütiger Vortrag von Herrn Holger Nüßlein, Rechtsdirektor der Stadt Ansbach, gehalten. Nüßlein beschrieb die aktuelle Lage der Kommunen bei der Flüchtlingsverteilung anhand der Stadt Ansbach als Beispiel. Im späteren Austausch erwies sich, dass viele Kommunen der Delegierten die Probleme Ansbachs teilen.

Herrn Holger Nüßlein, Rechtsdirektor der Stadt Ansbach zum Thema "Flüchtlings- und Asylpolitik in der Praxis der Kommunen"

Herrn Holger Nüßlein, Rechtsdirektor der Stadt Ansbach zum Thema „Flüchtlings- und Asylpolitik in der Praxis der Kommunen“

Deutschland sehe sich einem wachsenden Flüchtlingsstrom gegenüber, so Nüßlein. 2015 sei die Zahl der Asylsuchenden stark angestiegen; nicht nur aus Bürgerkriegsstaaten wie Syrien, sondern auch aus dem Balkan kämen viele ins Land. Deutschland, und vor allem auch Bayern, genießen international einen tadellosen Ruf. Es werde als „attraktiver Staat“ mit vielen Arbeitsplätzen und umfangreichen Sozialleistungen geschätzt und biete somit für viele einen Anreiz als neue Heimat.
Diese zahlreichen Asylsuchenden wollen zwar oftmals in die bayerischen Großstädte wie München, Nürnberg und Augsburg. Allerdings können diese niemanden mehr aufnehmen. Darum müssten sie auf Bayern verteilt werden und jeder Kommune würde eine bestimmte Anzahl zugeteilt.
In Ansbach sind es bei knapp 40.000 Einwohnern derzeit etwa 300 Asylsuchende. Jede Woche kommen etwa 20-30 hinzu. Anfangs war die Stadt mit der Unterbringung überfordert, doch nun wurden mit gesamt sieben Unterkünften genügend Gebäude zur Umwidmung gefunden, wie z.B. ein altes Schulgebäude.
Holger Nüßlein benannte noch weitere Probleme der Stadt Ansbach: den Flüchtlingen stände nicht genug Personal gegenüber. Sie bräuchten dringend mehr Sachbearbeiter und Verwaltungsbeamte für die Bearbeitung der Anträge und die Organisation von Unterkünften, und auch mehr Sozialpädagogen für die Betreuung der teils traumatisierten Flüchtlinge. Allerdings fehlten die finanziellen Mittel für neues Personal. Ohne die vielen ehrenamtlich aktiven Bürger könnten sie die Aufgaben nicht bewältigen.
Ein weiteres Problem sei laut Nüßlein auch die Finanzierung der Betreuungskosten. Die Bayerische Staatsregierung übernehme zwar 80% der Kosten für Sozialpädagogen, jedoch müssen die restlichen 20% von den Kommunen getilgt werden, was klamme Kommunen in die Bredouille bringe. Auch bekommen Asylsuchende einen geringen Betrag an Sozialleistungen monatlich ausgezahlt. Weil sie kein Konto bei einer deutschen Bank bekommen, werden diese auf dem Amt bar ausgehändigt. Dies sei in vielerlei Hinsicht problematisch und bei 300 Menschen inzwischen auch praktisch kaum mehr durchführbar.
Eines der Ärgernis erregendsten Probleme sei aber für Nüßlein die Tatsache, dass der Freistaat Bayern es nicht schaffe, die Asylsuchenden, deren Antrag abgelehnt wurde, zeitnah auszuweisen. Bis dies nicht geschehe, dürften diese weiter Sozialleistungen beziehen und blockierten die Unterkünfte. Dies seien in Ansbach momentan beispielsweise 117 Ausreise-Pflichtige und er könne nichts dagegen unternehmen. Nüßlein, ebenso wie viele der Delegierten, wünschen sich vom Freistaat Bayern hier zukünftig schneller zu handeln. Notfalls müssten hierfür auch neue Stellen geschaffen werden. Dies war auch sein Schlussplädoyer und die Überleitung zur Diskussionsrunde.
Die folgende Diskussion war voll emotionaler Argumente. In vielen Punkten waren sich die Diskussionsteilnehmer überraschend einig. Einige wiesen darauf hin, dass der Freistaat die Deutschkurse für die Asylsuchenden nicht übernehme und sie vielerorts von Freiwilligen organisiert und durchgeführt würden. Die Kommunen würden dies gerne übernehmen, sie erhalten dafür aber keinerlei Unterstützung.
Ein Teilnehmer erinnerte daran, dass viele junge Menschen unter den Asylsuchenden seien, so wie damals, als 1945 8.000 flüchtende Sudetendeutsche in Ansbach aufgenommen wurden. Dies könne auch als Chance begriffen werden. Man könne diese jungen Menschen durch Ausbildungen einbinden in den Arbeitsmarkt und damit Nachwuchsprobleme wie den Fachkräftemängel nachhaltig lösen. Diese Menschen seien auch unsere Zukunft.
Zum Abschluss sprach sich der Arbeitskreis II dafür aus, den Antrag des Bezirksverbands München zur Flüchtlingspolitik dem Plenum bei einer Abstimmung zur Annahme zu empfehlen.
Die Versammlung verabschiedete eine Resolution, in der die europäischen Regierungen aufgefordert werden, sich mit aller Kraft für eine Asylpolitik einzusetzen, in der die Lasten auf alle achtundzwanzig Staaten gleichmäßig verteilt werden und bei aller Belastung für die Staaten und ihrer Organe, die Menschenwürde nicht aus den Augen verloren geht. Die Resolution, die an die Regierungen der EU-Länder appelliert, Flüchtlinge und Asylsuchende, die einen Anspruch auf Aufenthalt in der EU haben, möglichst rasch und unbürokratisch zu helfen. Dies schließe eine Integration in unsere Gesellschaft und unseren Arbeitsmarkt ein. Hierfür werde sich die EUB bei ihren Mitmenschen besonders einsetzen. 
Markus Ferber verteidigte die Praxis Europas Asylbewerber aus Staaten zurückzuschicken, in denen die Menschen nicht an Leib und Leben bedroht sind. Im Falle des Balkanstaates Serbien exemplarisch dargestellt. Da sich das Land um Aufnahme in die Europäische Union bemüht, kann überhaupt keine andere Rechtslage angenommen werden. Die Bürger leben in Sicherheit.

TTIP Abkommen

Teilweise kontrovers verlief die Diskussion im Arbeitskreis zum Handels- und Investitionsschutzabkommen TTIP, über das die Europäische Kommission derzeit mit den USA verhandelt. Einig war man sich in der Kritik daran, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission zunächst untersagt hatten, das Verhandlungsmandat und den Stand der Verhandlungen öffentlich zu machen. Dadurch konnten in der Öffentlichkeit Misstrauen und Gerüchte darüber aufkommen, was Inhalt und Ziel des Abkommens sein sollte. Erst im Oktober 2015, 16 Monate nach Beginn der Verhandlungen, durfte das Verhandlungsmandat dann doch veröffentlicht werden. Seither ist die Kommission um möglichst große Transparenz auch über den Fortgang der Verhandlungen bemüht.
Der Moderator Walter Brinkmann zitierte aus dem Verhandlungsmandat insbesondere die Passage, in der klargestellt wird, dass Handel und ausländische Direktinvestitionen nicht dadurch gefördert dürfen, dass das Niveau der internen Rechtsvorschriften und Normen in den Bereichen Umweltschutz, Arbeitsrecht, Gesundheitsschutz, zur Sicherheit am Arbeitsplatz und zum Schutz der kulturellen Vielfalt gesenkt oder gelockert wird.
Die beiden Podiumsteilnehmer, der Bundestagsabgeordnete Josef Göppel (CSU) und der Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig (Grüne) äußerten Bedenken: Herr Göppel wies auf die Sorge der kommunalen Ebene hin, dass öffentliche Ausschreibungen komplizierter werden könnten, weil durch das Abkommen auch amerikanische Unternehmen Zugang zu öffentlichen Aufträgen in Europa bekommen sollten. Herr Stümpfig forderte, die Bereiche Landwirtschaft und Lebensmittel vom Abkommen auszunehmen, weil die Standards und Produktionsmethoden in der EU und den USA zu unterschiedliche seien. Das gelte insbesondere für die Verwendung von Gentechnik und die Verfahren in der Tierzucht und Fleischproduktion. Beide warnten davor, dass sich ein Abkommen zwischen den USA und der EU zu Lasten von Entwicklungsländern auswirken könne.

Stellung bezogen zum TTIP Abkommen Martin Stumpfig, MdL Die Grünen, (links) und Herr Josef Göppel, MdB CSU (rechts) unter der Moderation von Walter Brinkmann

Stellung bezogen zum TTIP Abkommen Martin Stumpfig, MdL Die Grünen, (links) und Herr Josef Göppel, MdB CSU (rechts) unter der Moderation von Walter Brinkmann

In der lebhaften Diskussion wurde aber auch auf die zu erwartenden Vorteile des Abkommens hingewiesen: Der Abbau von Zöllen und unterschiedlichen Standards werde zu Wachstum und zusätzlichen Arbeitsplätzen auf beiden Seiten des Atlantiks führen. Der Zugang zu öffentlichen Aufträgen auf beiden Seiten für die Unternehmen des Vertragspartners werde angesichts der bislang sehr restriktiven Regeln in den USA vor allem europäischen Unternehmen erhebliche Vorteile bringen. Das Abkommen könne ein Modell für andere künftige bilaterale oder multilaterale Abkommen werden. So könne die EU zur Entwicklung globaler Regeln beitragen, während ohne ein Abkommen zwischen Europa und den USA damit zu rechnen sei, dass amerikanisch/asiatische Verträge diese Modellfunktion übernehmen werden.
Die Landesversammlung verabschiedete eine Entschließung, die die anfangs fehlende Transparenz der Verhandlungen kritisiert, aber begrüßt, dass sich die Europäische Kommission inzwischen um Offenheit bemüht und fordert, das Europäische Parlament und die Zivilgesellschaft einzubeziehen. Die Entschließung verlangt ferner, die europäischen Schutzstandards auf hohem Niveau zu erhalten. Sie unterstreicht, dass die öffentliche Daseinsvorsorge in der alleinigen Kompetenz der Mitgliedstaaten liegen muss und lobt, dass dies durch das Verhandlungsmandat der Kommission auch so festgelegt ist. Sie bezeichnet das Abkommen als Chance, globale Standards für einen ausgewogenen Investorenschutz zu schaffen, betont aber, dass dabei nicht nationale oder der europäische Gesetzgeber in ihrer Gesetzgebungskompetenz eingeschränkt werden dürfen.

Wahlen aus der Landesversammlung

Am zweiten Tag der Landesversammlung waren neben den Arbeitskreisen die Wahlen des Landesvorstandes, der Kassenprüfer und des Landesschiedsausschusses unter der Leitung von Dr. Hanns Wilgans der wesentliche Mittelpunkt. Dabei wurden folgende Mitglieder gewählt bzw. in ihrem Amt bestätigt:

Der wiedergewählte Vorstand mit dem Vorsitzenden Markus Ferber, MdEP, (Mitte) und den stellvertr. Vorsitzenden Matthias Zürl, Freiherr von Cetto, Heike Maas und und Edgar Hirt (v.l.n.r)

Der wiedergewählte Vorstand mit dem Vorsitzenden Markus Ferber, MdEP, (Mitte) und den stellvertr. Vorsitzenden Matthias Zürl, Freiherr von Cetto, Heike Maas und und Edgar Hirt (v.l.n.r)

Landesvorsitzender:
Markus Ferber, MdEP

Stellvertretende Landesvorsitzende:
Edgar Hirt
Anton Freiherr von Cetto
Heike Maas
Matthias Zürl

Landesschatzmeister:
Gerhard Hess, Senator E.h.

Weitere Mitglieder des Landesvorstands:
Beuschel Dr., Gerhard
Brinkmann, Walter
Eder, Christine
Fenn, Christiane
Hastreiter, Karoline
Kubosch, Paul-Joachim
Oszlari, Lajos
Schmid, Mathias
Sporrer-Dorner, Christine
Taubert, Regina
Taubert, Rainer

Kassenprüfer:
Brenner, Wilhelm
Lotze, Dieter

Landesschiedsausschuss:
Bromme, Anna Maria
Eick-Wildgans Dr., Susanne (Vorsitzende des Landesschiedsausschuss)
Dorner, Roland
Haubold, Martin
Taubert, Regina

Mit freundlicher Unterstützung von Nicolaus Bömcke, Dieter Galm, Julia Kovacs, Christian Reppe, Hans-Dieter Scherpf und Mathias Schmid