Das Ringen um das Amt des Kommissionspräsidenten hat ein Ende: Das Europäische Parlament wählte in seiner letzten Plenarwoche vor der Sommerpause Jean-Claude Juncker zum Chef der neuen EU-Kommission. Der Luxemburger will Europas Wirtschaft umfassend reformieren. Er ist der erste Kommissionspräsident der nicht in einem Hinterzimmer von den Staats- und Regierungschefs bestimmt wurde, sondern durch das Europäische Parlament demokratisch legitimiert ist.

Juncker erhielt mit 422 Ja-Stimmen und 250 Gegenstimmen eine stabile Mehrheit. 47 Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung, 10 Stimmen waren ungültig. Notwendig war eine absolute Mehrheit von 376 von insgesamt 751 Stimmen.
„Ich will ein Chef einer Kommission werden, die politischer ist als je zuvor“, erklärte Juncker in seiner Rede kurz vor der geheim durchgeführten Wahl im Parlament selbstbewusst. Der 59-Jährige kündigte eine Reihe von Reformen an. Die Leitlinien des neuen EU-Kommissionspräsidenten folgen der politischen Logik: Es geht um Jobs, um eine Re-Industrialisierung Europas und um „mehr Europa“ bei den großen Themen wie Energie und Außenpolitik.
Er will die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken. Dafür will er bis Februar 2015 ein umfassendes Investitions-Paket schnüren. Juncker plädiert für mehr öffentliche und private Ausgaben in die Breitband-Netze, die Energie- und Verkehrsinfrastruktur sowie die Re-Industrialisierung der europäischen Wirtschaft. Dafür will Juncker in den kommenden drei Jahren zusätzliche 300 Milliarden Euro an Investitionen mobilisieren durch neu gesetzte Schwerpunkte im EU-Haushalt und durch Stimulierung von Privatinvestitionen durch die Europäische Investitionsbank (EIB). Die Europäische Union müsse wieder ein attraktiver Standort für Investoren und Arbeitnehmer werden, betonte der Luxemburger Christdemokrat. „Die Wirtschaft muss den Menschen dienen, nicht umgekehrt“, Profitgier dürfe nicht vor soziale Errungenschaften gehen. Er sei ein „begeisterter Anhänger“ der sozialen Marktwirtschaft und wolle „ein Kommissionspräsident des sozialen Dialogs sein“, sagte Juncker
An den Grundzügen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes will Juncker nicht rütteln. Allerdings existierten im Pakt bestimmte Flexibilitätsmechanismen, die man verstärkt nutzen müsse, so Juncker.
Für das Amt des EU-Außenbeauftragten forderte Juncker einen profilierten Politiker. Der oder die neue Amtsinhaberin müsse ein starker und erfahrener Akteur sein, sagte er. „Die EU-Außenpolitik muss stark nach außen repräsentiert werden.“
Die zehn Punkte seines Arbeitsprogrammes weisen auch den Weg, welche Kommissare wichtig sein werden. Die Bündelung auf Themen-Schwerpunkte, die dann von mehreren Kommissaren betreut werden, wird Europa etlichen Unsinn ersparen. Wie zum Beispiel nicht-wiederbefüllbare Olivenöl-Kännchen in der Gastronomie. Jean-Claude Juncker wird Europa groß im Großen und klein im Kleinen machen.