Bereits in der Konferenz zur Zukunft Europas haben tausende EU-Bürger:innen wertvolle Vorschläge gemacht, was wir für ein handlungsfähigeres Europa brauchen. Am 09. Mai 2022 übergaben die Co-Vorsitzenden des Exekutivausschusses den Spitzen von Europäischem Parlament, Rat und Kommission einen Abschlussbericht mit 49 Vorschlägen. 2023 folgten nächste Schritte mit der Aufnahme der Vorschläge in das Arbeitsprogramm der Kommission. Die deutsche Regierung betonte Vertragsänderungen zu unterstützen und im neuen Koalitionsvertrag steht „Mut, Entschlossenheit und europäische Antworten sind das Gebot der Stunde.“ Es wäre gut, wenn dem alsbald erkennbare Ergebnisse folgen.
Denn Europa zu einen statt zu spalten ist gerade in Zeiten von Egomanen im Westen und Autokraten im Osten dringlicher denn je geworden. Sonst zerfällt Europa in seine Einzelstaaten, wie wir dies bereits vor dem zweiten Weltkrieg kannten. Was manche freundlich mit einem Europa der Vaterländer umschreiben, ist nichts anderes als ein Rückfall in nationale Egoismen, die Europas Einfluss in der Welt genauso granularisieren, wie sie das Gegeneinander stärken. Glauben Sie nicht? Ein Blick darauf, was z.B. FPÖ-Vorschläge zur Ausgabe Österreichischer Pässe auch an Südtiroler bedeuten würde und wie das Melonis Italien finden würde, reicht für die Einschätzung völlig aus. Spoiler – nicht gut. Eine EU mit durchlässigen Grenzen, Niederlassungsfreiheit und ein Italien mit der autonomen Provinz Südtirol ist bereits eine Lösung, mit der alle gut leben können, wenn sie wollen. Anstatt von Lösungen das Gegeneinander aufzubauen, würde auch hier genau dorthin führen – in das Gegeneinander.
Dasselbe Gegeneinander kann man auch mit Tschechien und anderen Regionen anstacheln, in denen etwa deutschsprachige Minderheiten lebten oder die ehemals gar deutsch waren und die wir durch unsere „heroischen“ Taten verloren haben. Auch diese Konflikte wurden durch die EU entschärft. Nie zuvor gekannte Lebensqualität und individuelle Freiheiten waren die Folge. Aus Vertriebenenverbänden wurden Heimat- und Partnerschaftsorganisationen für das friedliche Miteinander – was in Anbetracht persönlicher Schicksale eine ganz besondere Anerkennung verdient. Sie haben erkannt, dass nur durch das Miteinander gutes noch besser werden kann. Was genau sollte auch durch Zündeln mit vorgeschobenem Nationalbewusstsein besser werden? Im Gegeneinander schafft man Verderben und Feinde, im Miteinander Freiheit und Freunde.
Im Zeitraffer lässt sich gerade in den USA betrachten was passiert, wenn das Gegeneinander das Miteinander bekämpft, Werte keinen Bestand haben und das Recht mit Füßen getreten wird. Die Wirtschaft schrumpft, Menschen verlieren willkürlich Jobs und die Unsicherheit wächst. Aktienkurse werden manipuliert, die Wissenschaft kann sich nicht mehr darauf konzentrieren, Wissen für eine bessere Welt zu erarbeiten und fähige Köpfe verlassen das Land: Kurz das Land fährt auf Verschleiß und in Richtung Abgrund – sich und andere. Was ist zu tun? Wir brauchen Verbündete für eine regelbasierte Welt. Wir brauchen Freunde, die unsere Werte teilen und wir brauchen Resilienz, um gegen Autokraten und Egomanen zu bestehen. Wenn wir uns dazu nicht selbst organisieren wird das niemand für uns tun.
Wir brauchen Leitfragen und Visionen: Wie müssen wir uns organisieren? Welche Verteidigungsfähigkeiten und -bündnisse brauchen wir für unsere rund 500 Mio Menschen statt einem Sammelsurium aus allein 27 Armeen in der EU? Welche Partner in der Welt haben wir für ein Fundament aus Frieden und Freiheit? Was können wir dazu beitragen, dass demokratische Grundwerte sich wieder ausbreiten, die Synergien als Grundlage des Wohlstands überhaupt erst ermöglichen? Wie stärken wir die EU-Einnahmeseiten und Strukturen für all das? Wir Europa-Freunde haben darauf Antworten seit 1948. Manche wurden umgesetzt. Nun wird es höchste Zeit für die nächsten Schritte. Wer, wenn nicht ein geeintes Europa in Frieden und Freiheit, kann der Welt sonst zeigen, wie ein regelbasiertes Miteinander organisiert werden kann? Danke allen, die daran mitwirken!
Ihr Thorsten Frank
Landesvorsitzender
Europa-Union Bayern e.V.