Mit Jochen Kubosch, Leiter des Informationsbüros des Europa-Parlaments in München, hatte die Memminger Europa-Union einen fachkundigen Referenten für ihre Veranstaltung „30 Jahre Schengen Europa ohne Grenzen, (k)eine Selbstverständlichkeit“ engagiert. Kubosch erinnerte an die Schengen-Konferenz vor 30 Jahren, die in dem kleinen luxemburgischen Örtchen auf einem Moselschiff vonstattenging. Die Benelux-Staaten, Frankreich und Deutschland waren damals die ersten fünf „Schengen-Staaten“. Das Schengen-Abkommen umfasst heute 22 EU-Staaten, die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island.

Bis 1995 waren laut Kubosch dann auch die Personenkontrollen an den gemeinsamen Grenzen abgeschafft worden. Als pikante Besonderheit nannte der Referent den Umstand, dass dies alles an EU-Kommission und -Parlament vorbei erfolgte – „eine rein zwischenstaatliche Vereinbarung“. Überhaupt habe es eine Einbindung von Kommission und Parlament damals faktisch nicht gegeben. Kubosch war damals Mitarbeiter des deutschen EU-Kommissars für den Binnenmarkt, Martin Bangemann. Bei seinem Vortrag berichtete er jetzt von einer Sitzung des Ministerrats, bei der der Kommissar draußen bleiben musste: Bangemann setzte sich vor die verschlossene Saaltür und informierte die Brüsseler Presse – und zwar mit der Bitte um ein Foto. Den Ministern im Saal blieb dies nicht verborgen. Aus Angst vor negativer Presse ließen sie den Kommissar als Zuhörer nun doch herein. Danach wurde die EU-Kommission regelmäßig zu den Sitzungen der europäischen Fachminister zugelassen.

„Das klappt leider nicht“

Daneben ging Kubosch auf das „schlechte Bild, das die Europäische Union bei der aktuellen Flüchtlingsproblematik abgibt“ ein: Die Verteilung der Flüchtlinge „braucht die Zustimmung aller Staaten zu einer gemeinsamen Lösung – das klappt derzeit leider nicht.“ gerade erst sei die Umverteilung von 40 000 Flüchtlingen innerhalb der EU gescheitert. Die unter anderem von der bayerischen Staatsregierung geforderte Wiedereinführung der Grenzkontrollen lehnt Kubosch ab. Das Argument von den vielen festgenommenen Personen während der Kontrollen beim G-7-Gipfeltreffen greife nicht. Da seien zwar Leute mit unbeglichenen Schulden und offenen Alimente-Zahlungen ergriffen worden, „aber kein einziger Terrorverdächtiger“. (wam)

Schengen Abkommen

Die Anfänge Schengen ist ein kleines Dorf an der Mosel im Großherzogtum Luxemburg. Im Juni 1985 kamen hier die Innenminister von Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden zusammen und unterzeichneten eines der wichtigsten Abkommen der EU: den Abbau der Personenkontrollen bei gleichzeitiger Sicherung der Außengrenzen.
Heutige Situation Inzwischen gehören 26 Länder dem Schengen-System an. Dieser Vertrag machte es den Europäern möglich, ohne Ausweis-Kontrollen frei über alle Grenzen zu fahren. Gleichzeitig wurde ein umfassendes Informationssystem errichtet, um die Außengrenzen besser zu kontrollieren und vorhandene Daten über Kriminelle untereinander auszutauschen.

(wam) Mit freundlicher Unterstützung der Memminger Zeitung