Im Rahmen des Frauenforums der Europaunion Hammelburg begrüßte stv. Vorsitzende Frau Gudrun Kleinhenz in diesem Jahr die gebürtige Hammelburgerin Sabine Schlue im Europahaus am Viehmarkt. Die Rolle der Frau in den verschiedenen Ländern und die persönlichen Begegnungen und Kontakte von Frau Schlue sollten im Mittelpunkt stehen.

Frau Schlue hat 20 Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet und berichtete von ihrem Leben, das über Frankreich , Japan, Russland und Luxemburg wieder zurück nach Deutschland führte.
Der erste Schritt in die „große“ Welt aus der dörflichen Kleinstadt nach dem Abitur 1982 war Paris, um als Aupair-Mädchen zu arbeiten und die Französichkenntnisse zu verbessern. Die Anfangszeit in Paris war geprägt von den Eindrücken der Großstadt mit der multikulturellen Gesellschaft und dem Facettenreichtum einer Millionenstadt. Auch die gesellschaftliche Rolle der Frau war hier ganz anders, moderner definiert: Sie war beeindruckt, dass Frauen mit drei Kindern Vollzeit berufstätig waren und Kinder ab einem Jahr Krippe und Kindergärten besuchten. Bereits nach 3 Monaten verließ Frau Schlue ihre Gastfamilie und bewarb sich für einen Studienplatz für Wirtschaftswissenschaften und Japanologie – in Französich!. Der Wechsel aus dem gutsituierten Haushalt einer Oberschichtfamilie in das Studentenleben im Rotlicht und im Arrondissement Pin noir veränderte ihren Bekanntschaftskreis. Über ihre Concierge lernte sie eine Bordellbesitzerin und Prostituierte kennen, genauso wie japanische Mitstudentinnen und unabhängige Karrierefrauen.
Um die japanischen Sprachkenntnisse zu vertiefen, siedelte sie später nach Japan um . Sie lernte einen leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank kennen, den sie in Japan heiratete. Damit fand sie sich mit einem Mal sowohl privat als auch gesamtgesellschaftlich in einer neuen Frauenrolle wieder: als Karrierebegleiterin für den Ehemann – in einer partirachalisch geprägten Gesellschaft, in der Männer und Frauen eine unterschiedliche Sprache sprechen, in der Frauen nach außen eine untergeordnete Rolle spielen. Gleichzeitig erfuhr sie, dass Höflichkeit und Ehrerbietung zwischen den Geschlechtern einen außergewöhnlich hohen Stellenanteil haben und in der häuslichen Familie umgekehrte Verhältnisse herrschen: hier gilt die Frau als Finanzministerin und Managerin.

Mit der Versetzung ihres Ehemannes nach Moskau erlebte Frau Schlue russischen Frauen wiederum als exaktes Gegenbild der Japannerinnen. Laut, schrill, stark und selbstbewusst war des Leben der Frauen im kommunistischen System. Die Ausübung von für europäischen Frauen typische Männerberufen waren üblich. Fehlten den Männern dann wiederum Aufgaben, (der Staat regelte ja auch das komplette Privatleben) kompensierten sie dies mit Männerrunden und Wodka spielt keine unerhebliche Rolle. In diesem Bereich waren sich allerding Frauen und Männer ebenbürtig.

Auch ihre eigene Familienstruktur veränderte sich in Russland, die Geburt ihrer Kinder veränderten auch die Rolle von Frau Schlue, jetzt war sie als Mutter und Erzieherin gefordert.

Zwar war „Perestroika“ 1988 in Moskau schon ein Schlagwort, die entsprechende Struktur fehlte jedoch gänzlich. So war es auch nicht verwunderlich, dass Frau Putina, die Frau Schlue in ihrer Petersburger Zeit bei Gesellschaftsabenden kennenlernte, sich sehr für das westliche Leben der Frauen interessierte. Zwar lebte sie einige Jahr mit ihrem Mann Wadimir Putin in der DDR, aber das kommunistische Leben war gleich dem der ehemaligen UdSSR. Im gesellschaftlichen Leben wurden die Männer bei offziellen Veranstaltungen nicht von ihren Frauen begleitet. Sie blieben oft zu Hause, sollten sich doch einmal ihre Männer zu solcherlei Anlässn begleiten, waren sie oft durch mangelnde Fremdsprachenkompetenz und die durch kommunistische Mangelwirtschaft begrenzten Auswahlmöglichkeiten im eigenen Kleiderschrank beschränkt.

Die Luxemburger Zeit empfand die Referentin als eher unspektakulär. Das Land der Banken und Europäischen Instituionen war ländlich, katholisch und stark geprägt von vielen gut verdienenden Einwohnern. Die Ehefrau war oft nicht berufstätig und stattdessen allein verantwortlich für die Kindererziehung, an Kinderbetreuugnsplätzen mangelte es. Auch das Schulsystem war nicht auf die Beruftstätigkeit von Frauen ausgelegt.
Frau Schlue wohnt nun seit 10 Jahren in der Bankenmetropole Frankfurt, die heute eine internationale, kosmopolitsche und sehr lebendige Stadt ist. Toleranz für unterschiedliche Lebensmodelle, Frauen deren Berufs-und Familienvorstellungen gut realisierbar sind. Frankfurt, dass vor 30 Jahren noch von ganz anderen Einflüßen geprägt wurde. Heute jedoch ein Domizil, das herrliche Kultur und berufliche Entwicklungsmöglichkeit bietet.

Frau Schlue hat in ihren Auslandsjahren als Journalistin für unterschiedliche deutsche Zeitungen gearbeitet. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland arbeitete sie für verschiedene Non-Profit Organisationen. Aktuell ist sie in der Entwicklung eines neuen gemeinnütigen Projektes für die Cronstett-Hynspergische evangelische Stifung tätig.
In der lebhaften, anschließenden Diskussion zur Stellung der Frau in der Familie und im Berufsleben wurde unterstrichen, dass die Lebenswege sehr unterschiedlich gestaltet werden können und sollten und außerdem der jeweiligen Lebensphase angepasst werden können. Die Kindererziehungszeiten sollten besser in der Gesellschaft berücksichtigt werden und den Frauen auch nach beruflichen Auszeiten wieder bessere berufliche Bedingungen geboten werden
3.Bürgermeisterin Rita Schaupp und Gudrun Kleinhenz bedankten sich mit einem Geschenk bei der Referentin für ihr Kommen in ihre Geburtsstadt

Rita Schaupp