Über ihre Wahlkampferfahrungen und über die Ergebnisse der Europawahl sowie deren voraussichtliche Auswirkungen informierten jetzt die ehemaligen Memminger Kandidaten die Mitglieder des Kreisverbandes Memmingen der Europa-Union Deutschland. Im Weinhaus „Zum Goldenen Löwen“ standen Lucia Fischer (ÖDP), Heike Schalk (FDP) Francesco Abate (SPD) und Klaus Holetschek (CSU) zahlreichen politisch Interessierten Rede und Antwort.
Burkhard Arnold (stellvertretender Vorsitzender) hatte die Moderation übernommen nachdem Vorsitzender Lajos Oszlári die Gäste willkommen geheißen hatte.
Heike Schalk machte deutlich dass sie im Wahlkampf einen schweren Stand gehabt habe, weil die aus dem Bundestag katapultierte Bundespartei weder Rückhalt noch ein einheitliches Wahlprogramm geboten habe. Schuld daran seien die wegbrechenden Strukturen auf Bundesebene gewesen. Die Liberalen würden jetzt von Staaten getragen, die liberale Regierungen hätten.
Er dagegen habe sehr gute Erfahrungen gemacht, so Francesco Abate. Er kritisierte aber die Medien, die seiner Ansicht nach nicht ausreichend über Europa informiert hätten. Die SPD werde sich gut positionieren. Die Einheit der jetzt Verantwortlichen sei wichtig um die Auswüchse nach rechts in den Griff zu bekommen.
Seine Partei müsse aus dem Wahlkampf lernen, so Klaus Holetschek. Es habe ein Motivationsproblem gegeben. Zudem hätten sich immer wieder sowohl positive als auch negative Stimmen zu Wort gemeldet. Man hab es versäumt einheitlich für Europa zu werben. Das Wahlergebnis sei enttäuschend, weil sich die Mehrheitsverhältnisse im Kern nach rechts verschoben hätten. Darüber müsse man diskutieren und entsprechende Schlussfolgerungen ziehen.
Kritik, auch an der lokalen Presse, übte Lucia Fischer. Die mediale Selektierung sei teilweise unerträglich gewesen. Aufgefallen sei auch, dass die ÖDP von Vereinen und Verbänden nicht zu Podiumsdiskussionen eingeladen worden sei. Ihre Anregung war, künftig junge Leute in den Wahlkampf einzubeziehen.
Breiten Raum nahm das Thema „Freihandelsabkommen mit den USA“ ein. Stimmen, die sich im Detail gegen das Abkommen wandten, wurde mit dem Hinweis begegnet, dass es noch keinerlei Beschlüsse gebe und man sich derzeit im Verhandlungsstadium befinde. Man wandte sich gegen Schönmalereien, verwies aber auch darauf, dass sich auch wirtschaftliche Vorteile abzeichnen. Holetschek: „Die roten Linien dürfen aber nicht überschritten werden. Vor allem muss man alle Beschlüsse transparent machen.“
Hinsichtlich der personellen Besetzung wurde verdeutlicht, dass entscheidend sei, welche Positionen Jean-Claude Junker vertrete. Seine Gegner hätten die Sorge, dass er zuviel Europa in die einzelnen Mitgliedsstaaten tragen wolle. Und dass die Euro-Stabilitätskriterien aufgeweicht würden. So gesehen wurde Verständnis für die Haltung Englands und Ungarns aufgebracht.
Festgehalten wurde letztlich aus jeweils parteilicher Sicht: Dass Europa weiterhin aus selbständigen souveränen Staaten bestehen soll. Dass Europa künftig mit einer Stimme spricht. Dass Staaten, die demokratische Anforderungen nicht erfüllen, in der EU nichts zu suchen haben. Dass Strukturen geschaffen werden müssen, die es allen Ländern ermöglicht, ihre Probleme selber zu lösen. Dass man sich Zeit lassen müsse mit der Aufnahme weiterer Länder. Alle zusammen waren in dem Wunsch einig, dass man weiterhin ein Europa haben möchte, in dem die Menschen in Frieden und Freiheit leben können.
Günter Walcz