Neulich wurde ich gefragt, was ich mit unserem verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl verbinde. Mit Helmut Kohl verbinden mich viele Begegnungen und ich erinnere mich sehr gut an zahlreiche Gespräche mit ihm in Brüssel, Straßburg, Bonn und München. Mit ihm ist ein überzeugter Europäer von uns gegangen, von denen wir zurzeit einige bräuchten. Helmut Kohl hat Bleibendes geschaffen, für Deutschland und Europa. Er hat eine ganze Generation von Politikern geprägt, auch mich.
Aktuell ist der Zweifel an der EU leider größer als die Zuversicht. Aber ich sage, die Frage ist nicht, ob wir die EU brauchen, sondern welche EU. Denn ich bin davon überzeugt, wir brauchen die Zusammenarbeit mehr als je zuvor. Wenn Europa in der Welt Gehör finden möchte, muss es endlich lernen mit einer Stimme zu sprechen – oder anders gesagt, Europa muss endlich erwachsen werden.
Die EU steht vor großen Herausforderungen – innereuropäisch führen uns die Verhandlungen über den Brexit aktuell sehr deutlich vor Augen, wie es ohne EU wäre und außenpolitisch zeigt sich, dass der EU harte Jahre bevorstehen.
Innenpolitisch: Der Dauerbrenner der kommenden zwei Jahre werden mit Sicherheit die Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs sein. Deshalb müssen möglichst rasch die Themen geklärt werden, die am meisten Verunsicherung verursachen: Dürfen EU-Bürger bleiben? Wie viel muss Großbritannien noch zahlen? Was sind die Folgen des Ausscheidens Großbritanniens aus der Zollunion für die Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland, also der künftigen EU-Außengrenze.
Außenpolitisch: Ein Ende der um uns existierenden Krisen direkt vor der Haustüre der EU – in Nordafrika, Syrien und der Ukraine, die auch direkten und indirekten Einfluss auf die Sicherheit der europäischen Bürger haben – sind nicht in Sicht. Terrorismus, Flüchtlingsströme und Fake News-Kampagnen, die auf die Spaltung der Gesellschaft abzielen, strapazieren den Zusammenhalt zusätzlich. Wir dürfen uns nichts vormachen, auch die weltpolitische Lage mit einem US-Präsidenten Donald Trump wird die kommenden Jahre unberechenbar bleiben. Fakt ist, ohne eine bessere europäische Zusammenarbeit verzwergt sich die EU unter den Riesen China, USA und Russland auf der Bühne der politischen Mächte. Aber die EU kann nur das leisten, was die Mitgliedsstaaten ihr übertragen, deshalb liegt es tatsächlich am Willen der Mitgliedstaaten. Wir sollten das Momentum nutzen und die Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik vertiefen und Synergien besser nutzen.
Sei es die bessere Zusammenarbeit in innenpolitischen Fragen, bei den Brexitverhandlungen oder im außenpolitischen Bereich bei Sicherheitsfragen – für das alles braucht es überzeugte Europäer, wie einst Helmut Kohl, die mutig voranschreiten.
Sie, die Mitglieder der Europa Union sind solche überzeugten Europäer. Deshalb danke ich Ihnen für ihr Engagement für den europäischen Gedanken und ihren Einsatz vor Ort in den Kreisverbänden.
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Ihr
Markus Ferber, MdEP
Landesvorsitzender der Europa Union Bayern