Basierend auf der Idee von Gerhard Stühler, 1. Vorsitzender der Spessartbund-Ortsgruppe Schöllkrippen, organisierte der Vorsitzende des Kreisverbandes der Europa-Union Aschaffenburg, Dieter Schornick in Zusammenarbeit mit dem Hanns-Seidel-Gymnasium (HSG), dem Spessartbund und dem Archäologischen Spessart-Projekt (ASP) in der Europawoche am 4. Mai 2016 das erste Aschaffenburger Schülerforum „Europa im Gespräch“.

Die Veranstaltung fand mit über 250 Schülerinnen, Schülern, Lehrerinnen und Lehrern aus den Gymnasien und Realschulen der Stadt und dem Landkreis Aschaffenburg in der Aula des HSG statt. Sie wird zukünftig jährlich im Rahmen der Europawoche an einem Gymnasium im Landkreis oder der Stadt Aschaffenburg ihre Fortsetzung finden. Die Schülerinnen und Schüler des Hanns-Seidel-Gymnasiums umrahmten die Veranstaltung mit schwungvoll begeistert vorgetragenen Musikstücken, die mit der Europa-Hymne begannen und einer Potpourri-Reise durch Europa endeten. Mit für die Schülerrinnen und Schüler informativen Grußworten zur Geschichte und Bedeutung Europas durch Landrat Prof. Dr. Ulrich Reuter, Schulleiterin Ulrike Wombacher, dem Bayerischen Staatsminister der Justiz Prof. Dr. Winfried Bausback und dem 1. Hauptvorsitzenden des Spessartbundes, Dr. Gerrit Himmelsbach erfolgte eine wissenswerte Einführung in die Bedeutung Europas für die Region und die Zukunft der jungen Menschen.
Nachdem die Europa-Abgeordnete Kerstin Westphal leider wegen Krankheit kurzfristig absagen musste, nahmen neben den beiden Mitgliedern im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union im Deutschen Bundestag, MdB Andrea Lindholz und MdB Detlef Seif auch Dr. Gerhard Ermischer (Vorsitzender des ASP an der Universität Würzburg und Mitglied des Europarates) und Dieter Schornick an der Podiumsdiskussion teil. Stephan Noll aus der jungen Truppe der Europa-Union Aschaffenburg animierte mit großem Erfolg und Geschick die Schülerinnen und Schüler zu vielen Fragen, deren Beantwortung ohne weiteres die Diskussionszeit um ein Stunde hätte verlängern können. Bemerkenswert war bei seiner Abfrage die Feststellung, dass die meisten Schülerinnen und Schüler schon in vielen EU-Mitgliedstaaten unterwegs waren und eine oder mehrere Fremdsprachen sprechen.

Aula HSG mit 250 Schülerinnen und Schülern sowie Prof. Dr. Winfried Bausback und Prof. Dr. Ulrich Reuter. Foto: Sven Wahl

Aula HSG mit 250 Schülerinnen und Schülern sowie Prof. Dr. Winfried Bausback und Prof. Dr. Ulrich Reuter. Foto: Sven Wahl

Im Fokus der vielen Fragen standen die Themen Wertegemeinschaft und Zukunft der EU, Flüchtlingspolitik, TTIP sowie die Rolle der Türkei in Zusammenarbeit mit der EU. Andrea Lindholz betonte, dass die EU als Wertegemeinschaft keineswegs gescheitert ist. Im Rahmen bisher nie dagewesener globaler Krisen benötigen die Bundesregierung und die EU-Mitgliedstaaten einfach mehr Zeit um zu tragfähigen Lösungen zu kommen. Bei 60 Mio. Menschen, davon 8 Mio. Syrer, die weltweit auf der Flucht sind kann es nur eine europaweite Lösung geben. Notfalls muss die Europäische Kommission Sanktionen gegen diejenigen EU-Mitgliedstaaten verhängen, die sich nicht an die Vereinbarungen halten, so Lindholz. Detlef Seif unterstrich, dass in den Verhandlungen mit der Türkei leider die Realpolitik akzeptiert werden muss. Es besteht dringender Handlungsbedarf die Kontakte zur türkischen Regierung zu intensivieren, da diese in den letzten Jahren von deutscher Seite fast zum Stillstand kamen. Nur im ständigen, wenn auch sehr schwierigen Dialog können unsere europäischen Werte vermittelt werden. Schornick zeigte voller Stolz einen Bildband aus dem Archiv der Europa-Union Aschaffenburg, die in ihrem Gründungsjahr 1949 eine zweiwöchige Ausstellung in Aschaffenburg zum Thema „Marshallplan und Bayerische Wirtschaft“ organisierte, an der über 30.000 Menschen teilnahmen. In einer Originalaufnahme ist der damalige Bayerische Staatsminister für Wirtschaft und Namensgeber der gastgebenden Schule, Dr. Hanns-Seidel am Rednerpult zu sehen, der über die Bedeutung des Marshallplans für den Wiederaufbau Europas sprach. Damals gab es nicht nur eine wirtschaftliche Hilfe für das am Boden liegende und hungernde Europa, sondern ebenfalls Nachhilfeunterricht zum Aufbau einer funktionierenden Demokratie. Nach der raschen EU-Osterweiterung ist dies eine vergessene große Aufgabe der alten EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zur Verbesserung des Demokratieverständnisses in den neuen EU-Mitgliedstaaten so Schornick. Sehr interessant war die Sicht von Dr. Gerhard Ermischer als Österreicher und Mitglied des Europarates zur Position Deutschlands in der aktuellen Asylpolitik. Da wir von unseren deutschen Medien recht einseitig informiert werden, ist ein Blick von außen auf Deutschland von großer Bedeutung, um die Handlungsweisen der sogenannten „Visegrád-Staaten“, die in jüngster Zeit für Schlagzeilen sorgen, von großer Bedeutung. Es ist das für diese Länder gemeinsame geschichtsträchtige Schloss Visegrád in der Nähe von Budapest, das Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei vereint. Ermischer hob hervor, dass die nationalen Egoismen die größte Gefahr für die Zukunft der Europäischen Union darstellen und Europa bei nur noch mehr Europa funktionieren kann.
Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einem kurzen humorvollen Film des Bayerischen Fernsehens über den Europatag 2015 am EU-Mittelpunkt in Westerngrund.
Stephan Noll bedankte sich abschließend ganz besonders bei den Schülerinnen und Schülern für die tolle Mitarbeit, bei den Podiumsteilnehmern für ihre interessanten Beiträge und dem Hanns-Seidel-Gymnasium für die Gastfreundschaft zum ersten Aschaffenburger Schülerforum „Europa im Gespräch“, das mit einem großen Applaus endete.