Sehr gut besucht war die Veranstaltung der Europa-Union am 8.2.2017 im Wirtshaus Flößerei in Wolfratshausen.
Zunächst wurde der langjährige Kreisvorsitzende Jürgen Göbel zum Ehrenvorsitzenden des Kreisverbandes ernannt. In der Mitgliederversammlung im vergangenen November hatte er sein Amt an seine Nachfolgerin Elke Müller übergeben. Um den leidenschaftlichen Europäer weiterhin aktiv an den Aufgaben des Kreisverbands in den zur Zeit sehr unruhigen Zeiten in Europa teilhaben zu lassen, hatte der neue Kreisvorstand in seiner ersten Sitzung diesen Beschluss gefasst. Jürgen Göbel nahm die Ernennungsurkunde mit Freude entgegen und bedankte sich mit dem „pro-europäischen Appell an die Einheit unseres Europas“ und dem Aufruf, unseren Kontinent nicht den Populisten zu überlassen.
Im Anschluss wurde Dr. Eckart Fadinger, langjähriger Bürgermeister in Bad Tölz, für seine 40jährige Mitgliedschaft im Kreisverband geehrt. Die Vorsitzende überreichte ihm die Urkunde und die Ehrennadel der Europa-Union.
Den Höhepunkt des Programms bildete dann der Vortrag von Dipl.-Pol. Michael Jörger, langjähriger Leiter der Europäischen Akademie in Bayern, zum Thema „Europa in der Falle ? Was will Recep Tayyip Erdogan ?“ Der Referent nahm ausführlich zur Entwicklung der Türkei in politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht Stellung. Er zeigte den politischen Weg von Recip Tayyip Erdogan von der Ernennung zum Ministerpräsidenten im Jahr 2003 bis heute. Zunächst ist er der große Reformer, der für den Erfolg der AKP-Regierung aufgrund seiner charismatischen Ausstrahlung, seiner Wortgewandtheit und seiner Volksnähe verantwortlich ist. Seine Regierung erreicht 2005 offiziell den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Der dann in den Jahren ab 2013 zunehmend autoritäre Kurs durch die Abwendung von der Demokratie mit der Einschränkung der Pressefreiheit und Verletzungen des Rechtsstaatsprinzips sowie des repressiven Umgangs mit der Opposition erschweren die Zusammenarbeit mit Europa. 2014 lässt sich Erdogan zum Staatspräsidenten wählen. Das von ihm nun angestrebte Präsidialsystem ist im Prinzip nicht mehr notwendig, es existiert bereits. Die Einführung ist nur die Legalisierung bzw. Absegnung des bereits fest etablierten politischen Systems mit weitreichenden wirtschaftlichen Folgen: Anleger ziehen Kapital ab, Investitionen gehen zurück und die Währung befindet sich auf Talfahrt. Ein EU-Beitritt des Landes würde sicher durch die Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise begünstigt. Zur Zeit leben 2,7 Mio. syrische Flüchtlinge in türkischen Flüchtlingslagern. Weiterhin stellt die Türkei einen wichtigen Absatzmarkt für Europa dar und ist auch als ein Schlüsselland für die Energieversorgung Europas zu sehen. Sehr bedeutend ist seine geostrategische Lage. Auf der anderen Seite muss bedacht werden, dass die Türkei ein Teil Europas, aber auch Asiens ist, eine andere kulturelle Tradition hat, umgeben von problematischen Nachbarn ist (Kaukasusregion, Irak, Israel-Palästina, Zypern) und ein hohes Demokratiedefizit aufweist. Die Situation der Menschenrechte ist sehr schwierig. Wenn man die geografische Größe der Türkei sieht, besteht eine Gefahr der Überdehnung der EU-Außengrenzen. Hinzu kommt, dass die EU die Grenze der Integrationsfähigkeit erreicht hat.
Am Ende des Vortrags wurde klar, dass die Türkei weit entfernt ist von einem Beitritt in die EU. Es folgte eine lebhafte Diskussion und Michael Jörger beantwortete noch ausgiebig die ihm gestellten Fragen.