Die Europa-Union Bayern verfolgt die Verhandlungen über Freihandelsabkommen aktiv und konstruktiv, so auch die Verhandlungen über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Seit 2013 verhandelt die EU-Kommission mit den USA über TTIP, zahlreiche Verhandlungsrunden haben seither stattgefunden.
Freihandel ist für Wachstum und den wirtschaftlichen Erfolg Europas von fundamentaler Bedeutung. Um auch in Zukunft eine tragende Rolle in der globalen Weltwirtschaft zu spielen und eine Chance zu haben, weltweit Standards zu setzen, die den unsrigen entsprechen, muss Europa angesichts der wachsenden Dominanz aufstrebender Industrienationen wie Indien und China seine Beziehungen mit langjährigen Handels-partnern vertiefen. TTIP bietet Europa in Zusammenarbeit mit den USA die große Chance, die globale Wirtschaftsordnung langfristig mit europäischen Werten nachhaltig zu prägen.
Die Europa-Union Bayern fordert die europäischen Verhandlungsführer und insbesondere die Europa-Abgeordneten auf, auf folgende Punkte Wert zu legen:
1. Transparente Verhandlungen
Die Europa-Union Bayern bedauert sehr, dass die Mitgliedstaaten und die bis zum Herbst 2014 im Amt befindliche Kommission 16 Monate lang das Verhandlungsmandat und wichtige Informationen zu Ablauf und Inhalt der Verhandlungen geheim gehalten haben. Dadurch sind in der Bevölkerung tiefes Misstrauen und Missverständnisse über Ziel und Inhalt des Abkommens entstanden. Unzutreffende Meldungen über angebliche Inhalte konnten nur schwer widerlegt werden und haben sich in der öffentlichen Meinung zum Teil verfestigt.
Umso mehr begrüßt die Europa-Union Bayern das Vorgehen der EU-Kommission, im Zuge der Transparenzinitiative von Kommissionspräsident Juncker die Verhandlungen über TTIP transparenter zu gestalten, das Verhandlungsmandat zu veröffentlichen und viele wichtige Verhandlungsdokumente öffentlich zugänglich zu machen. Um eine breite Akzeptanz für Freihandelsabkommen in der Bevölkerung sicherzustellen, fordern wir die EU-Kommission dazu auf, im Sinne der Transparenzinitiative bei allen Verhandlungen über Freihandelsabkommen wichtige Verhandlungsdokumente zu veröffentlichen und sowohl das europäische Parlament als auch repräsentative Organisationen der Zivilgesellschaft einzubeziehen.
2. Hohe europäische Standards
Die EU-Kommission muss sicherstellen, dass durch Freihandelsabkommen unsere hohen europäischen Standards sowohl beim Umwelt- als auch beim Verbraucherschutz gewahrt werden. Einen Abbau von Standards bei Sicherheit, Verbraucher- oder Umweltschutz darf es nicht geben.
Ziel bei TTIP muss es sein, die europäischen Standards auf hohem Niveau zu erhalten und dort auszuweiten, wo die amerikanischen Standards bereits auf einem höheren Niveau bestehen. Der Schutz der Bürger muss immer an erster Stelle stehen.
3. Öffentliche Daseinsvorsorge
Die öffentliche Daseinsvorsorge wie die Versorgung mit Energie, Wasser, Gesundheits- und Sozialdienstleistungen liegt in der alleinigen Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Die Europa-Union Bayern begrüßt, dass im Verhandlungsmandat der EU-Kommission über TTIP ausdrücklich festgelegt ist, dass diese Kompetenz durch TTIP nicht eingeschränkt werden soll. Wir fordern die EU-Kommission auf zu gewährleisten, dass die Kompetenz der Mitgliedstaaten, Vorschriften im öffentlichen Interesse einzuführen oder beizubehalten, nicht beeinträchtigt wird. Auch die Möglichkeit der Rekommunalisierung bereits privatisierter Dienstleistungen der Daseinsvorsorge muss sichergestellt sein.
4. Ausgewogener Investorenschutz
Für die exportorientierte Wirtschaft der EU ist der Schutz europäischer Investitionstätigkeiten im Ausland ein Kernelement der europäischen Handelspolitik. Da die weltweiten Regelungen zum Investitionsschutz auf jahrzehntealten Regelungen beruhen, begrüßt es die Europa-Union Bayern, dass diese Regelungen reformiert und an heutige Anforderungen angepasst werden sollen. Sowohl das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) als auch TTIP bieten die Chance, globale Standards im Bereich des Investitionsschutzes zu schaffen. Investorenschutzregeln dürfen jedoch nicht dazu führen, dass nationale oder der europäische Gesetzgeber in ihrer Gesetzgebungskompetenz eingeschränkt werden oder Gesetze aufheben müssen.
Wir begrüßen die jüngsten Vorschläge zur Fortentwicklung eines transparenten und effektiven Investitionsschutzes.
5. Regulatorische Zusammenarbeit
Ziel einer regulatorischen Zusammenarbeit in TTIP ist es, frühzeitig die Schaffung neuer Handelshemmnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass dort, wo durch TTIP Handelshemmnisse abgebaut worden sind, keine weiteren Hemmnisse durch neue Regulierungen entstehen. Die Europa-Union Bayern sieht grundsätzlich große Potentiale darin, wenn sich die EU mit den USA frühzeitig über neue Gesetzesvorhaben, die den transatlantischen Handel betreffen, austauschen. Die EU-Kommission muss jedoch sicherstellen, dass eine regulatorische Zusammenarbeit die Rechtssetzungsbefugnisse des europäischen Gesetzgebers nicht einschränkt.
Ansbach, den 20.06.2015