Dass der 09. Mai 2020 in die Geschichte eingeht, überrascht nicht. Die Art und Weise aber schon.
Der 70. Jahrestag der Schuman Erklärung folgt dem 75. Jahrestag der Befreiung vor den Folgen der Nazi-Herrschaft. Robert Schuman, Konrad Adenauer und weitere Europäer vereinbarten fünf Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges konkrete Schritte hin zu einem Europa in Frieden und Freiheit. Sie zogen damit eine der wichtigsten Lehren aus dem unsäglichen Krieg und schufen die Grundlage für ein Europa, dass sogar den Friedensnobelpreis erhielt. Menschenrechte zu achten und zu schützen ist auch für viele Bürger ein hohes Gut und daran zu erinnern, wie diese für ganz Europa aufgebaut wurden für zehntausende Mitglieder der Europa-Unionen in Deutschland und ganz Europa eine Ehre. Um tausende Menschenleben zu retten, musste aus nachvollziehbaren Gründen 2020 der Europatag samt Europawoche abgesagt werden. Die Europa-Unionen stellten deshalb ganze virtuelle Europawochen und Europatage auf die Beine – in ganz Europa und auch hier in Bayern.
Neben der Freude über vergleichsweise niedrige Corona-Opfer-Zahlen in Deutschland, treibt viele Menschen die Sorge um die eigene Existenz oder individuelle Rechte um. Das ist ebenso verständlich wie das in ganz Bayern gerade infolge sich wieder konstituierender kommunaler Gremien weder Europa noch sich Online anbahnende Proteste sofort überall auf dem Schirm sind. Spätestens mit diesem 09. Mai sollte dies aber so sein – und zwar auf allen Ebenen. Denn offensichtlich birgt der Frust zahlreicher Menschen nun die Gefahr statt dem Virus, Retter und Rettungsversuche zu bekämpfen. Noch gefährlicher wird es, wenn zur Unsicherheit der Menschen auch Ungleichbehandlungen empfunden werden. Wer Fußball erlaubt, darf auch andere Sportarten nicht benachteiligen. Sonst entsteht der fatale Eindruck eines Geschachers um Einzelinteressen statt klarer gemeinsamer Regeln, die am Ende auch allen helfen. In der Folge wird das gesamte Konzept ob solcher Einzelentscheidungen in Frage gestellt.
In Folge solcher Einzelentscheidungen sind nun ausgerechnet am Europatag – dem zentralen Fest des Miteinan-ders in der Europawoche – Protest-Schilder mit Großbuchstaben wie „1. Notstandsgesetze 2. Gleichschaltung v. Medien 3. Diktatur 4. Endlösung“ oder „Wie konnten sich die Massen unter Hitler nur so dumm manipulieren lassen? Die Corona-Trottel von heute geben die Antwort“ zu sehen. Für Freunde von Frieden, Freiheit und Demokratie ist dies unwürdig, für Europafreunde unerträglich. Nicht nur, weil es so grottenfalsch ist, dass sich die Frage stellt, welche Pandemie-Schäden beim Verstand Einzelner anrichten. Es ist unerträglich, weil es sowohl das Erbe Robert Schumans als auch die Lehren aus dem zweiten Weltkrieg gleichermaßen ignoriert.
Verantwortung Tragende hätten an diesem Tage über ehrenamtliches Engagement hinaus ein Zeichen setzen können für Europa, für die Solidarität, für die Vorstellung einer europäischen Vision, die noch mehr Menschen schützt und hilft weitere Krisen gemeinsam leichter Herr zu werden. Für das Lob an all die Menschen mit richtigen Prioritätensetzungen, indem sie den Schutz menschlichen Lebens vor das Recht auf berufliche Nachteile oder gar der Nichtbeachtung von Mindestabständen stellen. Stattdessen stehen nun nicht nur Verantwortungsvoll Denkende und Handelnde im Regen. Ausgerechnet an den abgesagten Europatagen sonnen sich Verschwörungstheoretiker und Populisten im öffentlichen Raum, die mit der Angst der Menschen spielen und versuchen, die Gemeinschaft zu spalten und zu destabilisieren. An einem historischen Tag der eigentlich für das glatte Gegenteil steht – nämlich der Einheit in Vielfalt und dem Miteinander statt dem Gegeneinander.
Unser Appell an alle Verantwortung Tragenden: Überlasst diesen 09. Mai nie wieder als Überraschungsgeschenk Menschen, die die Angst anderer für düstere Ideen missbrauchen, sondern lasst uns künftig diesen Tag wieder gemeinsam feiern – damit er das bleibt wofür er ins Leben gerufen wurde: Ein Tag der Freude für Europa und die Menschen.