Gemeinsame Veranstaltung im kath. Pfarrzentrum St. Johannes der Europa-Union KV-Hammelburg mit der Kolpingfamilie Hammelburg. Warum rund sechshundert Jahre nach dem Konzil von Konstanz noch immer dieses Großereignis der Jahre 1414 bis 1418 uns Heutigen in den Bann schlägt, darüber sprach Dr. Markus Frankl von der Universität, Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte, in Würzburg im katholischen Pfarrgemeindezentrum.
Eingeladen haben Kolpingfamilie und die Europa-Union Hammelburg. Die Hammelburger Europäer verstehen dieses Konzil als ein europäisches Ereignis. Der deutsche König Sigismund ergriff die Initiative und alle Nationen des alten Kontinents kamen nach Konstanz, um die als schmählich empfundene Kirchenspaltung zu beenden und Reformen durchzuführen. Es war der Vorsitzende der Kolpingfamilie Hammelburg, Gerhard Becker, der den Historiker Dr. Frankl für den Vortrag gewinnen konnte.
Dieses Konzil anzuberaumen war damals für den König und späteren Kaiser Sigismund eine zwingende Notwendigkeit. Die Kirche drohte zu zerbrechen. Drei Päpste zur gleichen Zeit erheben ihren Anspruch auf den Stuhl Petri. Ein unerträglicher Zustand.
Was die römisch-katholischen Nationen und Länder im Grunde zusammenhielt, war die Kirche mit ihrem universalen Anspruch, abgeleitet noch aus der Zeit des imperialen Roms.
„Warum war dieses Konzil zukunftsweisend und so bedeutend ?“, fragte Dr. Frankl und gab selbst die Antwort. „Noch nie gab es eine Versammlung von Kirchenvertretern und Vertretern der weltlichen Mächte, die in einem solch hohen zahlenmäßigem Umfang zu Beratungen zusammen kamen“.
Das Konzil war das Jahrhundertereignis schlechthin. Die geistige Elite und die führenden Vertreter Europas nahmen die Geschicke in die eigene Hand. Beratungen, Mehrheitsbeschlüsse und Umsetzung in Handeln. Die Nähe zur heutigen Europäischen Union ist unverkennbar.
Konstanz war Vorbild für alle weiteren „Vollversammlungen“ in der Geschichte. Noch nie machten sich bis dahin Hunderte aus allen Herren Ländern auf den Weg um dabei zu sein , als es galt Interessen auszubalancieren und die Ordnung wieder herzustellen. Dennoch gingen die Reformen des Konzils nicht weit genug, sagte Dr. Frankl. Das Versäumte zeigte sich hundert Jahre später in der Gestalt Martin Luthers.
Dass Johann Hus, der tschechische Reformator und Rektor der Universität in Prag sein Leben im Flammentod in Konstanz lassen musste, gibt diesem Konzil einen schaurig-bitteren Beigeschmack. Trotz der Zusage auf freies Geleit. Nach dem Kanonischen Recht macht sich Hus schuldig und musste als Ketzer sterben. Das Kirchenrecht und der Schuldspruch waren stärker als das Versprechen des Königs.
Die Europa-Union wird noch in diesem Jahr das Thema „Reformation“ aufgreifen. Die eigentlichen Feiern und Großveranstaltungen der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) beginnen im Jahr 2017. Fünfhundert Jahre nach dem Anschlag der 95 Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg. Diese Tat des Augustinermönches Luther war der Auftakt der Reformation in Deutschland. Rasch griff die Bewegung und ihre neue Lehre auf andere Länder über.
Die Geschichte der Reformation und ihre Ausbreitung in Europa und ihre politischen Folgen, darüber spricht am Dienstag, 27. Oktober Pfarrer Robert Augustin im Europa-Haus.
Der Weg Europas zum Heute war lang und mühsam. Die Reformation die im Herzen des Kontinents ihren Anfang nahm, war Wegbereiter für eine neue Zeit.
Europa versteht sich als eine Friedensmacht die für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand ihrer Bürger eintritt. Die Trennung von Religion und Staat ist für uns Nachgeborenen Europäer eine Selbstverständlichkeit.
Dem Redner wurde für seinen brillanten Vortrag durch Beifall und durch Anerkennung seitens der Veranstalter herzlich gedankt.
Dieter Galm