Der Priester und Friedenspreis-Träger spricht an seiner alten Schule über seine Arbeit mit Geflüchteten, falsch verstandene Toleranz und sein neues Buch. Eine christliche Botschaft der Nächstenliebe, zum Teil provozierende politische Forderungen, aber auch amüsante Anekdoten aus der täglichen Flüchtlingsarbeit brachte Burkhard Hose mit zurück an seine alte Schule: Auf Einladung des Vereins der Freunde des Hammelburger Gymnasiums und in Kooperation des Europa-Union Kreisverbandes Hammelburg e.V. sprach der katholische Hochschulpfarrer beim Frobenius-Forum auch über ethische Aspekte im Umgang mit „Geflüchteten“.
„Nächstenliebe kennt keine Obergrenze“ lautet eine seiner Thesen. So ist auch eines der Kapitel seines Buches „Aufstehen für ein neues Wir!“ überschrieben, das nur zwei Tage vor dem Vortrag in Hammelburg herauskam. Rita Schaupp moderierte und begrüßte im Namen der Freunde des Frobenius-Gymnasiums, der Europa-Union und als 3.Bürgermeisterin die interessierten Zuhörer und bedankte sich bei Burkhard Hose.
Politischer Wille ist wichtig
„Das war Zufall, der Termin hier steht ja schon ein Jahr lang fest“, berichtete Schulleiter Helmut Schreiner. Hose nutzte das Frobenius-Forum nicht als Werbe-Plattform, hatte auch nur ein einziges Buch in der Tasche, stattdessen stellte sich der 49-Jährige einer offenen Diskussion. „Haben wir in unserer Gesellschaft überhaupt die notwendige Zeit zur Integration“, fragte etwa der frühere Sozialkunde-Lehrer Erwin Scheiner. „Vor der Machbarkeit steht immer ein politischer Wille“, stellte Hose dieser Skepsis gegenüber. Deshalb habe er den bekannten Satz Merkels – „Wir schaffen das“ – auch immer verstanden als „Wir wollen das.“ Hose gestand seinen Gesprächspartnern durchaus zu, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen könne, aber: „Es braucht legale Zugänge nach Europa, es ist unerträglich, dass die Grenzen dicht gemacht werden, und dann Menschen im Mittelmeer ertrinken oder an den EU-Außengrenzen unter unwürdigen Bedingungen leben.“ Deshalb gehöre zur christlichen Forderung nach Nächstenliebe auch die Diskussion über eine Umverteilung.
Unpopuläre Forderungen
„Ich weiß, dass ich mich damit unbeliebt mache“, sagte Hose über seine Thesen. „Unser Wohlstand ist ja ein Stück weit auf dem Rücken der anderen entstanden“, lautet eine davon. Die Verteilungsdiskussion dürfe aber nicht auf dem Rücken der Benachteiligten ausgetragen werden. Nicht die Armen müssten abgeben, sondern die Reichen. Das habe ihm zwar bereits den Vorwurf eingebracht, Kommunist zu sein, aber es sei vor allem eine christliche Position. „Ich will keinem seine Ängste ausreden“, stellte Burkhard Hose klar. Er könne auch keinem schlechte Erfahrungen mit Migranten absprechen. „Es braucht Zeit und Begegnung“, sagt er über die Herausforderung der Integration. Das belegte er an vielen Beispielen, in denen Menschen aufeinander zugehen: „Ich setze auf die kurzen Momente, in denen sich etwas bewegt und etwas aufbricht.“ Allerdings warnte er auch davor, Flüchtlinge „fast schon heilig zu sprechen“: „Das sind ganz normale Leute.“
„Integration ist kein Sprint, sondern ein Marathon“, sagt der 49-Jährige, dessen Vater am Gymnasium unterrichtete und auch zum Vortrag kam. Burkhard Hose berichtete auch von sehr persönlichen Kontakten. Im Buch ist etwa zu lesen, dass er seine Wohnung mit Syrern teilte, um ihnen eine Auszeit aus der Enge der Flüchtlingsheime zu ermöglichen.