Wer die Schlagzeilen dieser Tage liest, kommt leicht ins Grübeln. Ob Thüringen, Sachsen oder Brandenburg – die Akzeptanz glaubhaft demokratisch orientierter Parteien schwindet. Mancherorts stellen gesichert Rechtsextreme gar die größte Fraktion. Manche sprechen von erstmals. Aber das gab es schon mal. Mit bekanntem Ergebnis. Menschenverachtende Regime, millionenfacher Mord und vernichtendende Weltkriege entstehen nicht über Nacht. Sie werden vom Gegeneinander genährt. Vor der Massenvernichtung Menschen jüdischen Glaubens stand auch erst einen Plan der Remigration. Und vor dem Überfall auf Russland teilten sich Hitler und Stalin „ihre Beute“ – Polen. Vom Ergebnis her betrachtet, könnten sich auch selbsternannte Vaterlandslandsschützer wenigstens fragen, ob ein geteiltes Rest-Deutschland, Tote Nahestehende, Vertreibung oder Ruinen samt Selbstmord eines gar nicht so arisch anmutenden Führers am Ende wirklich so erstrebenswert sind. Wer Hass, Neid und Missgunst sät, wird Verachtung, Vertreibung und Vernichtung ernten. Wäre es da nicht schlauer aufeinander zu achten und Extremisten wie Kriegstreiber nicht gewähren zu lassen? Bevor es zu spät ist?
Es mutet auch sonderbar an, wie viele offenbar den 17. Juni 1953 vergessen haben, als Stalins Truppen und Helfer den Volksaufstand in der DDR mit aller Gewalt niederschlugen. Und wie viel mehr Freude der Mauerfall von 1989 samt Wiedervereinigung 1990 für die Menschen bedeutete. All die Putin-Versteher von rechts und links mögen sich einen Moment lang vorstellen, was passiert wäre, wenn er statt Gorbatchow 1989 an der Macht gewesen wäre oder 1953 der Aufstand mit Gorbatschow statt Stalin friedlich geendet hätte? Wieviel Leid hätte erspart werden können? Und wie wäre die Wiedervereinigung eigentlich gelaufen, wenn niemand einen Solidaritätsbeitrag für die neuen Bundesländer hätte leisten wollen? Oder die Nachbarstaaten die Wiedervereinigung nicht begleitet sondern torpediert oder gar bekämpft hätten? Das Miteinander hat sich auch hier bewährt. Und das Gegeneinander hätte in dunklere Zeiten geführt.
Wer meint sich über oder gegen andere stellen zu müssen, wer meint eine regelbasierte Ordnung sei überflüssig, der mag sich einfach mal vorstellen, wie es wäre, wenn der Notarzt nur gegen Cash kommt? Die Rentenbeiträge für nun angeblich höhere Ziele eingesetzt wie etwa dem Wohl von „Parteibonzen“ eingesetzt werden „müssten“? Der bewaffnete Vermieter freundlich eine höhere Miete fordert, einen rauswirft oder die Geheimpolizei wegen eines Online-Kommentars einen selbst oder einen seiner Liebsten abholt oder man schlicht vom Balkon stürzt. Was genau daran soll gut sein? Und was besser als jetzt? Wäre es nicht besser, sich auf das zu konzentrieren, was uns gemeinsam wachsen lässt, als gegenseitig kleiner macht?
Wir glauben ja. Deshalb setzen wir uns seit Jahrzehnten für das Miteinander über Parteigrenzen hinweg ein. In ganz Bayern, Deutschland und Europa. Wir haben die Wahl, ob wir in Frieden feiern und Herausforderungen lösen oder ob wir aufeinander feuern und Probleme potenzieren – das gilt privat, online wie im öffentlichen Leben. Die Zeit wird so oder so vergehen. Wir wollen ein schöneres Leben. Deshalb stehen wir für das Miteinander. Machen Sie mit! Das gilt übrigens auch für politisch Aktive.
Ihr Thorsten Frank
Landesvorsitzender Europa-Union Bayern e. V.