Kurz vor seiner Abreise als Wahlbeobachter in die Ukraine informierte der Illertisser Bundestagsabgeordnete Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) im Rahmen eines öffentlichen Vortrags die Delegierten des Bezirksverbandes Schwaben der Europa-Union bei ihrer Tagung in Senden über die aktuelle Situation in der Ukraine.
Brunner machte dabei deutlich, dass mit der Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag in dem seit Monaten kriselnden Land die Chance auf eine Einbindung in Europa bestehe – Europa ist aber mehr und größer als nur die EU. Symbolhaft sei es aber schon, dass in der Ukraine am gleichen Tag gewählt wird, wie in der EU.
Der Abgeordnete machte deutlich, dass es Revolutionen nur dann gibt, wenn Menschen in großem Maße Unzufriedenheit mit eigenem Leben haben. Deshalb kommt in den kommenden Monaten und Jahren auf die dortigen Verantwortungsträger die Aufgabe zu, die Lebensverhältnisse der meisten Menschen nachhaltig zu verbessern. Nach dem Ende der Sowjetunion hat sich die Wirtschaftskraft der Ukraine um über 30 Prozent verringert.
Zur Lebenswirklichkeit in der Ukraine gehöre es auch, dass die Zahl der russischsprachigen Bevölkerung deutlich höher ist als die der ethnischen Russen. Ebenfalls gebe es im Land praktisch keine wissenschaftliche Literatur in ukrainischer Sprache. Deshalb sei es ein großer Fehler der ersten Regierungen gewesen, das Ukrainische als Nationalsprache zwangsweise einzuführen. Die Schweiz ist ein Modell dafür, dass starker innerer Zusammenhalt und nationale Identität auch in Mehrsprachigkeit möglich ist.
Russland, so Brunner, stecke nach wie vor in einer Finanzkrise; das Verhalten in der Ukraine müsse deshalb stark unter dem Aspekt der Ablenkung von inneren Problemen gesehen werden. Putin könne sich so der eigenen Bevölkerung als „starker Mann“ präsentieren. Man wisse in Moskau aber genau, dass der Osten des Landes längst nicht mehr das wirtschaftliche Herz der Ukraine wie noch zu Sowjetzeiten ist, sondern einen sehr großen Modernisierungsschub bräuchte.
Der am 25. Mai neugewählte Präsident hat die einzige Chance, an einem Runden Tisch Vertreter aller Regionen zusammenzubringen und einen Ausgleich zu suchen, so Brunner.