Friedhelm Vahsen, emeritierter Soziologieprofessor aus Hildesheim, der seine Schulzeit in Hammelburg verbrachte diskutierte mit Reinhard Schaupp als Moderator und dem Auditorium über sein Buch „Zwischenzeiten – Zeitenwende“. Das Buch basiert auf Jahresberichten des Hammelburger Gymnasiums, Gespräche mit Klassenkameraden und Zeitzeugen. Der Autor schilderte die Raumsituation in der damaligen Zeit, berichtete über seine Erfahrungen als Fahrschüler von Gemünden nach Hammelburg und beschrieb Anekdoten aus dem Schulleben.

Breiten Raum nahm die Diskussion der bildungspolitischen Situation von 1964 ein. Nur fünf Prozent eines Jahrgangs machten damals Abitur. Intensiv wurde mit dem Publikum die damals von Picht beschworene „Bildungskatastrophe“ und die damit verbundene Forderung nach mehr Bildungs- und Geschlechtergerechtigkeit diskutiert.

Die deutschland- und weltpolitische Situation in den von Vahsen „Zwischenzeit“ genannten Jahre von 1963 bis 1968 war für den Autor mit einem, schleichenden und kaum wahrnehmbaren Wandel der gesellschaftlichen Strukturen verbunden.

Intensiv beschäftigte sich Vahsen mit der Frage der Weitergabe von Traumata und dem generationenübergreifenden Verharren in früher geprägten Bewusstseinsstrukturen, was von Schaupp mit dem Hinweis auf biochemisch bewiesene epigenetische Weitergabe von Verhaltensmustern an die Nachkommen ergänzt wurde.

Eine wichtige These Friedhelm Vahsens lautet, dass die mangelnde Aufarbeitung der NS-Vergangenheit bis heute nachschwingt und ein wesentlicher Faktor sei für die Wahlerfolge rechtsnationaler Parteien in der Bundesrepublik insbesondere in den ländlichen Regionen im Osten darstellt. Dieser These wurde im Publikum kontrovers diskutiert und auch von Moderator Reinhard Schaupp in Frage gestellt mit Hinweis auf frühere soziologische Studien einer amerikanischen Autorin und der Tatsache, dass der rechtsnationale Autoritarismus ein weltweites Phänomen ist.

Karin Wengerter von der Stadtbibliothek Hammelburg zeigte sich abschließend erfreut von dem regen Interesse an der Veranstaltung mit dem Format einer Mischung aus Autorenlesung, Podiumsgespräch und Diskussion mit dem Publikum und bedankte sich bei Professor Vahsen für die kurzweilige Präsentation.

Bericht: Reinhard Schaupp, Foto: Rita Schaupp