Die Europa-Union Kreisverband Hammelburg hatte zu einem Tagesseminar in das Europa-Haus eingeladen. Unter dem Motto „Europa liegt in Deinen Händen“, forderte der Ehrenvorsitzende der Europa-Union und stellv. Landesvorsitzende in Bayern in seiner temperamentvollen Begrüßung und seinem Einleitungsreferat zur Teilnahme an der im nächsten Jahr anstehenden Europa-Wahl auf.
Am 26. Mai 2019 wählen die Bürger. Frauen und Männer stehen zur Wahl, die in einem parteiinternen Wahlverfahren einen Platz auf der Kandidatenliste erreicht haben. 751 Abgeordnete bestimmen dann nach ihrer Wahl am 26. Mai die Geschicke Europas für weitere fünf Jahre. 96 Abgeordnete kommen aus der Bundesrepublik.
Edgar Hirt machte den Anwesenden deutlich, welch große Verantwortung die Abgeordneten im Parlament angesichts der Bedrohung Europas von außen, aber auch von innen tragen.
Europa ist wirtschaftlich weltweit in Konkurrenz mit anderen global player, die ihre eigenen Interessen verfolgen. Mit Trump als Präsident der USA und seinem „America First“ war auch den Europäern klar, dass sich das bisher gute transatlantische Verhältnis eintrüben wird.
Kriege im Nahen Osten und südlichen Saudi-Arabien (Jemen), der Ukraine-Konflikt, wachsende antidemokratische Kräfte in Europa, Finanzkrisen, Haushaltskrisen der Länder die den Stabilitätspakt nicht einhalten, Flüchtlingsströme die in Europa ankommen, sind für einige europäische Regierungen eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Die Liste ließe sich noch fortsetzen. Deutschland steht als stärkstes Land in der EU im Brennpunkt.
In Spanien, Griechenland und Italien treffen jugendliche Flüchtlinge auf Arbeitslosigkeit. Diese jungen Menschen sehen am ehesten in Deutschland noch eine Perspektive. Steigende Kriminalität in allen Facetten, vom Ladendiebstahl bis zur organisierten Kriminalität starker Familienclans, deren Lebensgrundlage neben Hartz IV, das Verbrechen ist. Gewalt auf der Straße, ein Phänomen, das so vor einigen Jahren in Deutschland unbekannt war. Kein Land kann allein die anstehenden Aufgaben lösen. Europäer müssen zusammenstehen. Furcht ist ein schlechter Berater.
Gemeinsam haben Europäer eine Zukunft. Unter der Voraussetzung, dass die Lage nicht nur analysiert, sondern die Existenzfragen auch durch zupackendes Handeln gelöst werden. Es war im Bürgerdialog herauszuhören, die Bürger können es nicht verstehen, wenn Gesetze beachtet werden müssen, die ein vernünftiges Handeln der Regierenden unterbinden. Gesetzes- erst recht Verfassungs-änderungen sind in Demokratien langwierig. Wie findet man Mehrheiten auch für gute Ideen, wenn diese bei den anderen nicht so richtig in das eigene Parteikonzept passen ? Die Politik ist gelähmt.
Europa muss auch seine militärische Verteidigung immer wieder neu definieren und mit dafür sorgen, dass die Nationalstaaten die notwendigen Mittel bereitstellen um die Verteidigung glaubhaft zu vermitteln und um politischem Druck standzuhalten.
Wenn Menschenrechte, Freiheit und Demokratie unsere Grundwerte bleiben sollen, dann müssen die europäischen Völker auch Bereitschaft zeigen, diese zu schützen. Von den Neuankömmlingen in Europa ist zu verlangen, dass sie diese europäischen Errungenschaften respektieren. Menschenrechte sind keine Einbahnstraße. Nehmen und Geben gehören zusammen.
Die fünfzehntausend Kilometer lange europäische Außengrenze die den Schengen-Raum umschließt, garantiert bis heute die uns so wichtig gewordene Freizügigkeit. Wie ist diese lange Grenze zu schützen? An Land, an den langen Küsten am Atlantik und im Mittelmeer. Gegenwärtig sind es etwa 1.500 Mann die für FRONTEX in Verbindung mit den nationalen Einrichtungen, wie in Deutschland die Bundespolizei, dem Bundeskriminalamt, dem Verfassungsschutz dafür sorgen, dass die Rechtsstaatlichkeit in der Bundesrepublik nicht weiter erodiert.
Auch bei diesem Seminar kam es zur Sprache, die Bürger verstehen es nicht, dass sogenannte Gefährder aus vornehmlich islamischen Ländern nicht abgeschoben werden können. Integration der Neuankömmlinge mag da und dort gelingen, auf das Ganze gesehen, sind sich inzwischen die meisten Politiker einig, an ein friedliches Multi-Kulti in Deutschland zu glauben, erwies sich als ein Irrtum.
Edgar Hirt wies in seiner Eingangsrede auf das garantierte Wahlrecht hin. Eine Wahlpflicht gibt es nicht. Die Demokratie setzt auf den mündigen Bürger. Edgar Hirt richtete einen eindringlichen Appell an die Anwesenden diese Wahl ernst zu nehmen. Es sind die als erträglich oder gut angesehen Lebensumstände der Europäer, die eine „einschläfernde“ Wirkung auf potentielle Wähler haben und diese der Wahl fernbleiben.
Erstaunliche Erfolge kann Europa seit der Gründung der Montan-Union 1951 vorweisen. Die Bedeutung dieses ersten Abkommens ist nicht hoch genug einzuschätzen, erklärte Dieter Galm. Die Europäer blieben dabei nicht stehen. Den Erfordernissen der Zeit entsprechend, wagte die Union in klug abgefassten Verträgen immer neue Gegenwart und Zukunft in ihren Vertragswerken. Ein dynamischer Prozess der zum politischen Procedere gehört.
Der Zweite Weltkrieg hinterließ ein furchtbares Erbe. Wie soll jemals das zerrüttete Vertrauen in Europa unter seinen Völkern wieder entstehen ? Darauf versuchten zwei Politiker früh eine Antwort zu finden, so Dieter Galm.
Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Außenminister Robert Schuman wagten 1950 das scheinbar Unmögliche. Wenn Kohle- und Stahlgewinnung unter Aufsicht einer überstaatlichen Behörde geschieht, dann sind diesen beiden Ländern die Voraussetzungen für Herstellung von Waffen einem Einzelstaat, Deutschland und Frankreich, aus der Hand genommen. So konnte Schuman die Franzosen für diesen Plan gewinnen. Vertrauen musste damals in kleinen Schritten geschaffen werden. Auf erworbenes Vertrauen aufbauend, folgte der nächste Schritt.
Europa eine der drei wichtigsten Weltwirtschaftsmächte. Eine europäische Nation alleine könnte sich nicht behaupten. Der Zusammenschluss macht Europa und seine Einzelstaaten stark.
Eine Währung, gemeinsame Außengrenzen, Förderprogramm für schwache Regionen, sinnvolle Regelungen für Wirtschaft, Banken, Agrarwirtschaft, um nur einige Beispiele zu nennen die Europas Stärke ausmachen. Einer der Teilnehmer versteht Europa wie ein Baum, der Jahr für Jahr wächst und ein neuer Baumring sich bildet, der Wachstum anzeigt und diesem Baum Festigkeit gibt.
Man kann auch Europa als ein System verstehen, so erläutere dies Dieter Galm, das stetig um seine Stabilität bemüht sein muss. Ein Teilnehmer machte darauf aufmerksam, dass Systeme überfordert werden können und aus einem nie genau vorhersehbaren Anlass ein System in sich zusammenbrechen kann.
Ein anderer Teilnehmer wies zu recht darauf hin, dass eine wirtschaftliche Krise Europa oder Deutschland bereits Auslöser sein kann oder ein weiterer Zustrom von Flüchtlingen infolge des Klimawandels unsere Sozialsysteme überfordern und zum Einsturz bringen kann. Was dann, liebes Europa ?
Osteuropäische Staaten und die West- und Ostbalkanstaaten setzen ihre Zukunft auf die Europäische Union. Das beweist die Anzahl der hinzugekommenen Staaten. Anwärter auf Mitgliedschaft stehen vor der Tür der EU.
In der Aussprache kamen weitere kritische Stimmen zu Wort. Warum ein UN-Migrationspakt ? Warum kann Europa sich nicht ein eigenes Einwanderungsgesetz schaffen ? Warum US-Konzerne in Deutschland keine oder nur sehr wenig Steuern an den Staat abführen, obwohl sie hier die Gewinne herausnehmen und in die USA transferieren ? Warum auf deutschem Boden für US-Unternehmen wie AMAZON deutsches Arbeitsrecht nicht gelten soll ? Warum werden in anderen EU-Ländern zum Beispiel Arbeitsschutzbestimmungen und soziale Standards nicht eingehalten, wogegen man sich in Deutschland penibel daran hält ? Warum kauft die Europäische Zentralbank, die EZB, Staatsanleihen verschuldeter Länder um auf diesem Weg deren Staatshaushalte zu sanieren ? Ist dies Verat am Stabilitätspakt ?
Im zweiten Teil des Seminars referierte Dr. Reinhard Schaupp über das Thema „Der europäische Traum – Europa zwischen Illusion und Realität“.
Der Traum von Europa ist die Antwort auf den Alptraum von Krieg, Zerstörung und Menschheitsverbrechen im Europa des 20. Jahrhunderts, sagte Dr. Schaupp. Dieser Traum beruht auf der Überzeugung, dass die europäischen Staaten gemeinsam in der Lage sind die Vergangenheit zu überwinden und alle Herausforderungen in Gegenwart und Zukunft zu bestehen. Dass Nationen zusammenwachsen können, ist laut Schaupp, ein sogenanntes dialogisches Erinnern erforderlich. Es muss Platz sein für das eigene Leid, aber auch für das dem Nachbarn zugefügte Leid.
Das dialogische Erinnern, die transnationale Perspektive, wie Schaupp sagte, die Würdigung der Opfer von Gewalt und Krieg, die gemeinsamen Werte und Normen müssen in das Zentrum des Sternenkreises, dem Symbol der Europäischen Union gestellt werden.
Andererseits erleben wir auch innerhalb der Europäischen Union, in Polen, Ungarn, den Balkanstaaten einen merklichen Wandel von einer freien hin zu einer eingeschränkten Demokratie. Dieser Meinungsumschwung ist verbunden mit einem fundamentalen Wandel in der Sicht auf die Geschichte. Menschen der betroffenen Staaten sehen sich oft in einer Opferrolle. Und dieses Bild wird aus politischen Gründen gepflegt. „Es sind immer die anderen“. Ja, es gibt Nationen, die stellen sich nicht ihrer Geschichte.
Müssen wir deshalb resignieren oder gibt es dennoch Anlass zur Hoffnung ? Einen positiven Blick in die Zukunft eröffnet laut Schaupp das Ergebnis des Eurobarometers. 62 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in der EU sehen die Mitgliedschaft ihres Landes in der EU positiv. Es sind die höchsten Werte seit einem Vierteljahrhundert.
Gerade in Krisensituationen wird den Menschen der Wert eines vereinten Europas offensichtlich bewusst. Schaupp nannte drei zentrale Bedrohungen der Menschheit: die atomare Bedrohung, die ökologische und klimapolitische Herausforderung und die technik-basierte Zerstörung.
Für diese weltweiten Herausforderungen gibt es keine nationalen Antworten. Schaupp endete seinen Vortrag mit den Worten, die Einsicht eröffne auch den Blick auf eine gemeinsame europäische Zukunft. Im Klartext, Europäer, rückt enger zusammen.
Dieter Galm