Das 19. Jahrhundert stand im Zeichen der Fortschrittsidee. Mehr als 50 Zuhörerinnen und Zuhörer kamen zu einer Kooperationsveranstaltung von Europa Union und Volkshochschule in die Markthalle in Hammelburg und lauschten den spannenden Ausführungen des Referenten Dr. Reinhard Schaupp.
Schaupp gab einen historischen Überblick über diese dynamische Epoche und beschrieb die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Veränderungen. Die Systeme der absoluten Monarchien wurden erschüttert, die Grundlagen für Verfassungsstaaten geschaffen und, begleitet von der Industrialisierung, Pauperismus und mehreren Auswanderungswellen, fand ein rasches Bevölkerungswachstum insbesondere in den Städten statt. Das Bürgertum entwickelte sich zur tragenden gesellschaftlichen Schicht. Es waren die Zeiten des Biedermeier, der Romantik und der Weimarer Klassik.
Die Eisenbahn, die Fotografie und die Telegraphie waren für den Referenten die folgenintensivsten Neuerungen in diesem „Zeitalter der Entdeckungen“.
Auch im 19. Jahrhundert gab es zahlreiche Seuchen und Epidemien in Europa. Die Pocken trugen zur Niederlage der französischen Armee im deutsch-französischen Krieg bei, weil die französischen Soldaten im Gegensatz zu den deutschen Soldaten nicht geimpft waren und bei ihnen deshalb hohe krankheitsbedingte Verluste auftraten. In Kriegs- und Hungerzeiten trat wiederholt Fleckfieber auf, eine Erkrankung die in einer Abhandlung über Hammelburg im 18. Jahrhundert als „gallichtes Faulfieber“ beschrieben ist. Die so genannte Russische Grippe forderte bis zu einer Million Opfer und war auf Grund von neueren Forschungsergebnissen wahrscheinlich keine Influenza, sondern die erste Coronaepidemie in Europa.
Die Errungenschaften der medizinischen und mikrobiologischen Forschung dämmten Seuchen ein und schufen Behandlungsmöglichkeiten für Krankheiten, die bis dahin als unheilbar gegolten hatten. Die Entdeckung der Anästhesie und der Antisepsis schufen die Voraussetzungen für erfolgreiche chirurgische Interventionen. Durch die Forschungen von Ignaz Semmelweiß, Robert Koch, Louis Pasteur, John Snow, Adolf Behring, Conrad Röntgen und vieler anderer wandelte sich die Medizin von Handwerk und Kunstlehre zur Wissenschaft. Hospitäler wurden von Pflege- und Versorgungseinrichtungen zu Orten der Therapie und Forschung.
Bericht und Foto: Wlifried Vogler