Hammelburg

Filterblasen, Feindbilder und Falschnachrichten – wie glaubwürdig sind Nachrichten in Zeiten von Fake News? Dieser spannenden Frage widmeten sich Europa-Union und Volkhochschule bei einem Vortragsabend in der Aula der Grundschule in Hammelburg. Einen weiten Bogen spannte Moderator Reinhard Schaupp vor gut 30 Zuhörerinnen und Zuhörern über die weltweite Entwicklung des Nachrichtengeschehens angesichts des Einflusses von Internet und Sozialen Medien in den Vereinigten Staaten und Russland. „Ich sehe auch in Europa Gefahrenzeichen am Horizont“, sagte er angesichts der Wahlerfolge von Rechtspopulisten in Schweden und Italien. „Wir brauchen den Qualitätsjournalismus als vierte Säule der Demokratie“, so Schaupp.

Der Bestandsaufnahme Schaupps setzte Julia Back sogar noch Beunruhigendes obendrauf. Die Bedrohung der Demokratie sei viel näher, weiß sie als Redaktionsleiterin der Main-Post in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld.

Auch in der Region versuchten Verschwörungstheoretiker, der Öffentlichkeit auf verschiedenen Kanälen Falschnachrichten unterzujubeln. Diese Feststellung untermauerte sie anhand von Beispielen aus der jüngsten Vergangenheit. Sogar im Lokalen sähen sich Redakteurinnen und Redakteure bei ihrer Arbeit zunehmend Belästigungen ausgesetzt. „Wir werden beschimpft und teilweise gab es sogar Drohungen“, so Back.

Zwar seien das bisher Einzelfälle, aber es sei durchaus spürbar, dass Menschen über Falschnachrichten aufgehetzt würden. Diese Desinformation gelte es gerade auf lokaler Ebene mit gründlichen Recherchen zu entlarven.

Ein Problem bei der Meinungsbildung sei die zunehmend selektive Wahrnehmung der Menschen in der Vielfalt der Quellen im Internet. Beim Publikum entstehe ein „Tunnelblick“, weil die Konzerne das Verhalten ihrer Nutzer mittels Algorithmen auswerten, und ihnen daraufhin gezielt Themen und Deutungen zuspielen, die die eigene Meinung bestätigen.

Eine Herausforderung sei es für die regionalen Medienhäuser, angesichts der Medienflut mit ihren seriösen Nahrichten wahrgenommen zu werden. „Rund 70 Prozent der Nutzer kommen über Suchmaschinen auf unsere Artikel“, informierte Back. Der beste Artikel tauge nichts, wenn er nicht gelesen wird. Große Bedeutung käme dabei beispielsweise der Optimierung von Suchbegriffen zu.

Den schmalen Grat zwischen reißerischer Nachricht und Falschnachricht sowie bei Symbolbildern über Online-Artikeln hinterfragte ein Zuhörer. In dieser Frage sei man sensibilisiert, so die Redaktionsleiterin, aber es passierten eben auch einmal Fehler. Letztlich hätten die Nutzerinnen und Nutzer die Entwicklung der Nachrichtenwelt selbst in der Hand, fand ein Zuhörer. „Wenn du kostenlose Inhalte nutzt, bist du das Produkt“, sagte er. Es gehe den großen Anbietern lediglich um das Abgreifen von Nutzerdaten. Das Leben sei viel schöner, seitdem er sich bei TikTok und Co. abgemeldet habe, schwärmte er.

Zum Abschluss warf Schaupp die Frage auf, ob die Medien bundesweit durch einen gewissen „Mainstream“ an Bandbreite im Meinungskorridor verloren hätten. Die Frage verneinte Back mit Blick auf die lokalen Medien. So lange man sich mit Kritik von links und rechts konfrontiert sehe, liege man bei der Positionierung wohl nicht so ganz verkehrt. Zum Abschluss dankte ein Zuhörer für den Einblick in den Journalistenalltag. Der Vortrag habe ihm die Augen dafür geöffnet, mit welchen Herausforderungen Journalistinnen und Journalisten leben müssten.

Bericht: Mainpost (dübi); Foto: Claudia Beyerle