Erstes Bürgerforum des Pro-Europa Netzwerks München
Am 15. März, am 17. April und am 16. Mai 2018 veranstaltete das Pro-EuropaNetzwerk das erste
europäische Bürgerforum in München im Rahmen der vom französischen Präsidenten angestoßenen
Bürgerbefragung zur Zukunft der EU.
Das Netzwerk umfaßt u.a. folgende zivilgesellschaftliche Organisationen: Europa-Union München, JEF
München, Pulse of Europe, Efeu, Stand up for Europe und Project for a democratic union. Fast 150
Bürger nahmen teil.
Ziel dieser ersten European Convention war, die Bürger zu befragen, ihnen zuzuhören, die
unterschiedlichen Anliegen, Wünsche und Vorschläge der Bürger zur EU zu sammeln um sie später in
einer Pressekonferenz den Medien und Parteien vorzustellen. Die folgenden Foren sollen
spezifischeren Themen gewidmet sein.
Bewusst wurde daher eine offene Diskussionsrunde organisiert, ohne Impulsvorträge. Zwei
Moderatoren stellten den Teilnehmern im Verlauf der Diskussion drei offene Fragen, welche zudem
auf Karten verteilt und von den Teilnehmern schriftlich beantwortet wurden:
1. Welche Vorteile hat die EU gebracht?
2. Was sollte Ihrer Meinung nach in der EU verbessert werden?
3. Welche Prioritäten sollte die EU heute setzen?
Als großer Vorteil der EU wurden Frieden und Freiheit, insbesondere Aspekte der
Personenfreizügigkeit genannt (Häufigkeit: 61). Auch die wirtschaftliche Integration in der EU wurde
als bedeutender Vorteil eingestuft, u. a. die gemeinsame Währung (Häufigkeit 20). Zudem nannten
viele Teilnehmer sowohl schriftlich als auch mündlich Aspekte einer europäischen Identität, u. a. ein
Zugehörigkeitsgefühlt zu Europa, Austauschprogramme, Werte wie Demokratie und Menschenrechte
(Häufigkeit 18).
Gefordert wurde jedoch eine größere Solidarität innerhalb der EU, die Angleichung der
Lebensbedingungen, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit im Süden Europas und die Stärkung des
kulturellen und sachlichen Austauschs zwischen den unterschiedlichen Mitgliedstaaten. Teilnehmer
aus Mitgliedstaaten aus Südeuropa stießen insbesondere das Thema Jugendarbeitslosigkeit an und
verwiesen u.a. auf Unterschiede im Zugang zu Universitäten anhand des Beispiels Deutschland/Italien.
Die Frage nach der konkreten Finanzierung von mehr Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten wurde
während der Veranstaltung nicht kontrovers diskutiert. Mündlich und schriftlich wurde von einigen
Teilnehmern der Vorschlag zur Schaffung eines Finanzausgleichs nach dem Vorbild der BRD
eingebracht (Häufigkeit 5 Mal unter der Frage nach Verbesserungsvorschlägen). Auch wurde die
spaltende Wirkung der Debatte um eine „Transferunion“ kritisiert. Im Kontext dieser Diskussion wurde
auf notwendige Voraussetzungen eines erfolgreichen Finanzausgleichs hingewiesen, wie z. B.
Bekämpfung von Korruption, Angleichung der Steuersätze und Einstellung von Subventionen bei
Delokalisierung.
Als zentrales Anliegen der Diskussionsrunde geht zudem die Außen-, Sicherheits- und
Verteidigungspolitik hervor. Die Notwendigkeit einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik wurde verhalten
angesprochen. Konkrete Vorschläge wurden eingebracht, wie das Verbot von Rüstungsexporten oder
die Änderung der Handelspolitik der EU gegenüber den Afrikanischen Partnerländern im Rahmen der
Europäischen Partnerschaftsabkommen (EPAs), sowie de Stärkung von Frontex. Die Teilnehmer
forderten von der EU auf internationalem Parkett mit einer Stimme zu sprechen. Auch eine
gemeinsame Verteidigungsunion wurde häufig erwähnt (Häufigkeit 23).
Die Umwelt- und Klimapolitik der EU wurde während der Diskussion nur punktuell erwähnt. Auf ihre
Bedeutung wurde zum Teil schriftlich (Häufigkeit 11) oder im Kontext der Diskussion um notwendige
Reformen der EU-Institutionen (Forderung nach mehr Transparenz) hingewiesen. Auch der Digitale
Binnenmarkt wurde in der Diskussion nur von den Moderatoren erwähnt und auf den Karten
vereinzelt genannt (Häufigkeit 5).
Ein Hauptthema war die Reform der EU-Institutionen (Häufigkeit 50), welche laut Teilnehmer
handlungsfähiger und näher am Bürger sein sollten. Mehr direkte Demokratie, transnationale Listen,
die Stärkung der Rechtsstaatsprinzipien und die Verbesserung der Kompetenzverteilung zwischen
Mitgliedstaaten und Union wurde gefordert (insgesamt Häufigkeit 36). Bezüglich der
Kompetenzverteilung und des Ziels des Integrationsprozesses wurde einerseits die Ausweitung der
Kompetenzen der EU-Institutionen vorgeschlagen, beispielsweise hinsichtlich der Bekämpfung von
Arbeitslosigkeit. Andererseits wurde die Stärkung des Subsidiaritätsprinzip genannt und die
Konzentration der EU auf die großen globalen Herausforderungen gefordert.
Der allgemeine Grundton der Diskussion zeichnete sich durch den Willen der Teilnehmer aus, konkrete
konsensfähige Verbesserungsvorschläge für die zukünftige Gestaltung der EU einzubringen.