Großbritannien und die EU – nein danke?
Podiumsdiskussion im Gasteig am 16. März 2015

 

 

Wenige Wochen vor den britischen Unterhauswahlen habendas Europe Direct Informationszentrum
München und Oberbayern , die Europa-Union München, und die Europäische Akademie Bayern zu
einer Diskussionsveranstaltung in dieEuropa-Lounge der Münchner Stadtbibliothek Am Gasteig
eingeladen.
Es diskutiertenDr. Melanie Sully, Politologin und Publizistin, Direktorindes Go-Governance
Instituts, Wien;Fabian Zuleeg, Chef des Brüsseler Think Tanks European PolicyCentreund
Alex Webb, Bloomberg München unter der Moderation von Gerhard Losher, Leiter der Redaktion
Europa des Bayerischen Fernsehens.

Am 7. Mai wählen die Briten ihre neue Regierung. Die Experten auf dem Podium sind sich einig darüber, dass
es keinen klaren Gewinner sondern wieder eine Koalition geben wird. UKIP jage nicht nur den Tories
Stimmen ab. Die Partei könnte im Norden auch Wähler der Labour Party gewinnen und andererseits als
Oppositionspartei von Proteststimmen ehemaliger LibDem-Wähler profitieren, da die Liberalen derzeit Teil
der Koalition seien.

Langjährige britische Europa-Skepsis
Anders als die Deutschen –angesichtsihrer düsteren Vergangenheit undderKriegsschäden–sah man im
IndustrielandGroßbritannien in den 50er Jahren keine Vorteiledurch eine Mitgliedschaft in der Europäischen
Gemeinschaft. Man glaubte eher an deren Scheitern. Als Sieger lebte man vielleicht auch in der Illusion des
vergangenenWeltreichs.Auch nach dem Beitritt des Landes zur EG sahen viele die Europäische Integration
mit Distanz. Seit den 70-er Jahren berichten Teile der Medienzunehmendeuropa-kritisch bis anti-europäisch
oder ignorieren europäische Themen.Heute setzenviele Briten Europa gleich mit Bürokratie, Bevormundung
oder einer fehlgeleitetenEinwanderungspolitik, sie sehen nicht die wirtschaftlichen und politischen Vorteile,
welche die EU ihrem Land bringen.

Referendum über EU-Austritt wahrscheinlich
„Cameron sei gefangen in seiner Taktik“ mit dem Versprechen, einen neuen Vertrag mit der EU zu
verhandeln undauf dessen Basis ein Referendums über die britische EU-Mitgliedschaft abzuhalten,
konstatierte Zuleeg. Zudem unterläge Cameron einem Missverständnis, dass die EU sich entsprechend seiner
Vorstellungen (z.B. Einschränkung der Freizügigkeit) ändern würde. Auch der Druck auf eine LabourRegierung zur Durchführung einer Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft werde wachsen.Cameron könne
jedochin einer Referendum-Kampagne auch die Vorteile der EU-Mitgliedschaft aufzeigen, so Webb. Sully
befürwortet eine Abstimmung und erinnerte daran, dass Labour in den 70er Jahren ein Referendum zur EUMitgliedschaft abhielt, welches positiv ausging. Heute seien 2/3 der 18-24Jährigen für einen Verbleib in der
EU, ebenso Schottland, Wales und London, die über 60Jährigen und Frauen mehrheitlich dagegen.

Auswirkungen eines EU-Austritts Großbritanniens
Die Konsequenzen eines EU-Austritts Großbritanniens wären abhängig von den Vertrags-Details der
Austrittsvereinbarungen. Die erforderlichen Vertrags-Verhandlungen würden sich über viele Jahre hinziehen
und wären ein „Albtraum für Juristen“ (Sully). Für Großbritannien ergäbe sich (mittelfristig) wahrscheinlich
eine größere Abhängigkeit von der Finanzindustrie infolge Abwanderung z.B. der Auto-Industrie. (Webb) Das
Land müsste bei einem EU-Austritt auch alle internationalen Handelsabkommen neu verhandeln.
Die EU würde durch den Verlust eines (großen) Mitgliedslandes insgesamt schwächer dastehen.

Fazit: EU muss sich ändern
Ein mögliches Ausscheiden Großbritanniens aus der EU wäre wohl zu verkraften, es entstünde aber großer
politischer Schaden für die EU und Großbritannien.
Die EU muss sich reformieren, um größere Zustimmung bei den Bürgern zu gewinnen. Sie muss sich
weiterentwickeln, eine Vision für die nächsten Jahre aufzeigen und eine bürgernahe Politik machen.(Sully)
Zum Abschluss zitierte Losher Ex-Premier Majors Ausruf vom 13.11.14: „Geteilt sind wir Zwerge in einer
Welt der Riesen“. (Rede vor der Konrad-Adenauer-Stiftung Berlin)

ENB, 18.3.15

 

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