Pro-EuropaNetzwerk München
Zusammenfassung der Auswertung des 3. Bürgerforums am 16. Mai 2018 im Café Luitpold

 

 

Am 16. Mai 2018 veranstaltete das Pro-EuropaNetzwerk München die dritte European Convention im
Kontext der von Präsident Macron angestossenen Konsultationen zur Zukunft der Europäischen Union. Bei
diesem dritten Bürgerforum wurden in zwei Abschnitten des Abends die Themen „europäische Identität“
sowie „Äußere und Innere Sicherheit in Europa“ diskutiert. Wie bei den vorherigen Veranstaltungen stellten
die Moderatoren den Teilnehmern offene Fragen:

 

1. Was bedeutet für Sie europäische Identität?
2. Wie können wir eine europäische Identität weiter entwickeln?
3. Wie können wir die äußere und innere Sicherheit in Europa gewährleisten?

 

Aus der Mitschrift, der Videaoaufnahme und der von den Teilnehmern ausgefüllten Karten gehen folgende
Standpunkte und Forderungen der Teilnehmer zusammengefasst hervor:

1.  Europäische Identität als gemeinsame Wurzeln, Gemeinschaftlichkeit und Vielfalt

Zu Beginn der Veranstaltung fragten die Moderatoren das Publikum: „Wer von Ihnen fühlt sich als
Europäer?“ Per Handzeichen antworteten nahezu alle Teilnehmer, dass sie sich in Ergänzung zu ihrer
Stadt/Region/Nation als Europäer fühlen. Viele antworteten, dass sie sich ausschliesslich als Europäer
fühlen. Einige wenige Teilnehmer verneinten die Frage.

Die Teilnehmer sahen die gemeinsame Geschichte, Kultur und Werte der Europäer als Basis „europäischer
Identität“. Es wurde auch besprochen, dass es sich bei der Frage um die Identität um einen Prozess der
Gemeinschaftlichkeit handele. Kooperative Zusammenarbeit, europäische Lösungen finden, europäische
Werte vertreten und geschlossen in der Welt auftreten, zeichnen laut Teilnehmern diesen Prozess aus.

Die Vielfalt in Europa wurde nicht als Hindernis, sondern als Bestandteil und/oder Bereicherung der
europäischen Identität eingestuft. Die Teilnehmer berichteten von Erfahrungen, Ereignissen und
Errungenschaften der EU (persönliche Erfahrungen der Familie im 2. Weltkrieg, die Wahl Trumps zum
Präsidenten Amerikas, Auslandserfahrungen, europaweite Verbraucherrechte…), welche das Gefühl einer
europäischen Identität hervorriefen. In diesem Zusammenhang wurde auch bemerkt, dass Identität nicht
forciert werden solle und eine zu starke Betonung der europäischen Identität Leute abschrecken könne.

2.  Weiterentwicklung der europäischen Identität durch Austauschprogramme, europäische Erziehung,
Solidarität und Demokratie

Zur Weiterentwicklung europäischer Identität kamen viele Vorschläge für Austauschprogramme,
insbesondere für die Jugend. Konkrete Forderungen, wie ein ausgebautes Erasmus-Programm für NichtAkademiker und ein freiwilliges soziales Jahr im europäischen Ausland, erhielten großen Beifall im Publikum und wurden auch auf Karten genannt.

Auch die Notwendigkeit europäischer Erziehung wurde betont, etwa durch Gründung europäischer
Universitäten, Angleichung der Ausbildungsprogramme und die Einführung eines Pflichtfachs
„Europakunde“. Der Jugend, die heute europäisch aufwächst, müsse bewusst gemacht werden, dass sie
dieses Privileg verlieren kann (Beispiel Brexit).

Kritisiert wurde die mangelnde bis negative Kommunikation über die EU (durch nationale Politiker).
Vielmehr müssten die Erfolge der EU und europäische Projekte aller Art besser bekannt gemacht und die
Medienberichterstattung europäischer werden.

Auch die Stärkung der europäischen Demokratie wurde als förderlich für eine europäische Identität
gesehen. Es wurde gefordert, in einem demokratischen Diskurs offen über Interessen und
Herausforderungen zu reden und Kompromisse einzugehen, anstatt nur über Werte zu reden. Da sich
nationale Parteien „nur um nationale Interessen“ kümmern, sollten bei den Europawahlen paneuropäische
Parteien antreten.

3.  Äußere Sicherheit durch stärkere militärische Zusammenarbeit und gemeinsame Politiken
Die Teilnehmer plädierten dafür, dass sich die EU gemeinschaftlich als Friedensmacht einsetzt und
diplomatisch agiert. Sie sollte im Kreis der Großmächte selbstbewusst auftreten und mit anderen Staaten
vertrauensvoll zusammenarbeiten.

Befürwortet wurde aber auch eine verstärkte militärische Zusammenarbeit und die Schaffung einer
europäischen Armee. Der Hinweis, eine solche Armee benötige eine zentrale Institution und bedeute die
Aufgabe der nationalen militärischen Souveränität, fand große Zustimmung. Die Armee solle aber bloße
abschreckende Wirkung haben. Sie bilde keinen Ersatz zur NATO. Frankreich könne zu Beginn die Führung
übernehmen (inkl. Force de Frappe), ebenso könne eine deutsch-französische Armee (ggf. mit anderen
Ländern) eingesetzt werden. Viele Fragen zu europäischen Streitkräften müssten dringend diskutieren
werden. Besonders großen Beifall fand der Vorschlag einer gemeinsamen Militärausrüstung und
Materialbeschaffung.

4.  Innere Sicherheit durch gemeinschaftliche Sicherheitspolitik, europäische Institutionen und
Gesetze, Solidarität sowie faktbasierte und an Werten orientierte Information und Erziehung
Bezüglich der inneren Sicherheit unterstrichen die Teilnehmer die Notwendigkeit einer gemeinschaftlichen
europäischen Sicherheitspolitik und forderten den Ausbau europäischer Institutionen und Regeln.

Die Zusammenarbeit der Behörden, insbes. der europäischen Polizeidienststellen müsse verbessert werden
(z.B. durch länderübergreifende Polizeikräfte mit entsprechenden Fremdsprachenkenntnissen). Zur
Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität solle eine Art europäischer FBI eingerichtet werden
(z.B. gegen Mafia und Terrorismus). Kompetenzen für die europäische Polizei (Europol) sollten erweitert
werden. Darüber hinaus müssten europäische Gesetze (Strafgesetz) verabschiedet und die Kompetenz der
europäischen Staatsanwaltschaft auf grenzüberschreitende Kriminalität ausgeweitet werden. Besonderen
Beifall erhielt folgende Aussage: „Wir müssen unsere Souveränität aufgeben und uns anderen gegenüber
öffnen“.

5.  Innere UND äußere Sicherheit durch eine gemeinsame Migrations- und Asylpolitik, eine Stärkung
der EU-Organe und eine gemeinsame Entwicklungspolitik
Schließlich fragten die Moderatoren die Teilnehmer, wie die innere UND die äußere Sicherheit
gewährleistet werden können. Eine große Mehrheit der Teilnehmer sprach sich für eine gemeinsame
Migrations- und Asylpolitik und eine gemeinsame Sicherung der Außengrenzen aus.

ALLE Mitgliedstaaten sollten Länder mit Außengrenzen wie Italien, Griechenland, Frankreich, Spanien und Portugal unterstützen.
Korruption müsse bekämpft und Grenzkontrollen zu Wasser, Land und Luft durchgeführt werden.
Europäische Sicherheitsorgane und Frontex müssten ausgebaut, die Einwanderungsgesetzgebung
verbessert (Dublin II Verordnung) und die Fluchtursachen bekämpft werden. Zahlreiche schriftliche
Äußerungen bezogen sich weitergehend auf eine gemeinsame Entwicklungspolitik (insbesonder
Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und im Nahen/Mittleren Osten).

 

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European-Convention-16.5.18-Zusammenfassung

INFO: PDF, 89.94 KB
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