»Griechenland zehn Jahre nach Ausbruch der Krise:
Probleme gelöst oder weiterer Reformbedarf?«
Vortrag und Diskussion
mit Prof. em. Dr. Heinz-Jürgen Axt
25. Juni 2019, 18:30 Uhr, Seidlvilla, München-Schwabing
Zehn Jahre sind vergangen, seit die Schulden- und Finanzkrise in Griechenland offensichtlich wurde. Vor
zehn Monaten wurden die Hilfsprogramme und damit verbundene Kontrollen der Kapitalgeber beendet.
Es sei „Zeit, Bilanz zu ziehen“ – so Dr. Hansjörg Brey Geschäftsführer der SOG bei der Begrüßung.
Wie weit ist das Land gekommen? Hierzu nahm der ausgewiesene Griechenlandkenner Prof. em. Dr.
Heinz-Jürgen Axt (Jean Monnet Lehrstuhl Univ. Duisburg-Essen) am 25.6. Stellung. Eingeladen hatten die
Südosteuropa-Gesellschaft (SOG), die Europa-Union München und die Europäische Akademie Bayern e.V.
Axt zeigte auf, dass nach den drei Finanzierungsprogrammen mit harten Konditionen („Memoranden“)
die Situation in Griechenland nicht zufriedenstellend ist. Die Schuldenquote ist immer noch viel zu hoch,
auch im Vergleich zu den anderen „Programmländern“. Dies gilt auch für die Arbeitslosigkeit,
insbesondere bei der Jugend (Januar 2019: 39,7%). Vor allem die Mittelschicht wurde seit dem
Regierungswechsel 2015 mit 70% Steuern und Abgaben stark belastet. Wichtige Strukturreformen sind
ausgeblieben bzw. wurden von der Regierung „ausgebremst“. Die Verwaltung ist in vielen Bereichen
weiterhin ineffizient (z.B. fehlende Kataster), es gibt zu viel Korruption bzw. Klientelpolitik, die
Digitalisierung ist sehr gering.
Axt weist jedoch auch hin auf die „übertriebenen Erwartungen der Kreditgeber“, die das
Wachstumspotential überschätzt haben. Für Griechenland sieht er „das Tal der Tränen noch nicht
durchschritten.“
Vorsichtig optimistisch ist er im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen (am 7. Juli). Hier liege die Nea
Dimokratia deutlich vorne. Deren Vorsitzender Kyriakos Mitsotakis möchte als Ministerpräsident die
Mittelschicht entlasten und befürwortet einen Höheren Mindestlohn und zugleich wachstumsfördernde
Investitionen. Ob es ihm gelinge, die nötigen Reformen umzusetzen, sei jedoch nicht sicher. Denn viele
Konservative fühlten sich weiterhin der eingespielten Klientelpolitik verbunden.