Welche Chancen und Risiken im BREXIT liegen? Das erfuhren die Gäste der Europa-Union Augsburg am vergangenen Donnerstag aus erster Hand. Am 29. März 2019 wird der BREXIT vollzogen. Läuft er geordnet ab oder bricht eher Chaos im Vereinigten Königriech und vielleicht gar ganz Europa aus? Die Unsicherheit war groß bei den Fragen der über 50 Interessierten in der Augsburger Stadtbücherei. Gut sechs Monate vor dem BREXIT konnte nun ein besonderer Gast für mehr Klarheit in Augsburg sorgen. Denn am vergangenen Donnerstag berichtete der BREXIT-Beauftragter der Bundesregierung höchstpersönlich, Axel Dittmann, über den aktuellen Stand der Verhandlungen zwischen EU und UK. Im Anschluss daran entspann sich ein vielfältiger Dialog zwischen den Gästen und Axel Dittmann, der im Auswärtigen Amt auch für weitere EU-Fragen zuständig ist. Moderiert wurde die Veranstaltung von Thorsten Frank, dem Vorsitzenden der Europa-Union Augsburg.
Bis wann müssen die wichtigen Fragen geklärt sein?
So ein Vertrag könne nicht über Nacht in Kraft treten, da er ausformuliert, übersetzt und von den Staats- und Regierungschefs in der EU noch ratifiziert werden müsse, führt der BREXIT-Experte aus dem Auswärtigen Amt aus. Da der Vertrag ja auch aus einem bestehenden Vertrag von 28 Mitgliedsstaaten heraus verhandelt werde, sei das nicht wie bei üblichen Verhandlungen, bei der sich beide Partner einfach in der Mitte träfen, erfahren die Interessierten Zuhörer im Raum. „Im Oktober haben die Staats- und Regierungschefs noch eine Möglichkeit sich zu einigen“ so Axel Dittmann weiter. Der Verhandlungskorridor schließe sich langsam, aber noch bestehe die Möglichkeit einer Einigung, zeigte sich Dittmann vorsichtig optimistisch.
Wie lässt sich die Nord-Irland Frage lösen?
Klar wurde auch: Eine der kniffligsten Fragen scheint nach wie vor die Nord-Irland-Frage zu sein, weil einerseits Briten und Iren eine durchlässige Grenze zu Nordirland wahren wollen, wie dies beim sog. Karfreitagakommen 1998 zwischen den Parteien zur Beendigung des blutigen Nordirlandkonfliktes vereinbart wurde. Gleichzeitig entsteht aber mit dem Austritt des Vereinigten Königreiches genau dort eine EU-Außengrenze. Im Gespräch ist derzeit die sogenannte „Backstop“-Lösung, wonach nur noch Nord-Irland die EU-Zollbestimmungen anwenden würde. Damit würde allerdings zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens eine Zollgrenze entstehen. Großbritannien möchte daher eine zeitliche Befristung dieser Lösung und einige BREXIT Befürworter finden den Vorschlag insgesamt ungeeignet.
Welche Auswirkungen hat der BREXIT auf Europa?
Auch warum Großbritannien noch einen zweistelligen Milliardenbetrag an die EU entrichten müsse, konnte geklärt werden. Das sei schlicht aufgrund eingegangener Verpflichtungen durch bestehende Verträge nötig, erläutert Dittmann. Bei Fragen zu einer weiteren BREXIT-Abstimmung oder einer Abspaltung Schottlands verwies Experte aus dem Außenministerium darauf, dass es sich dabei um innerstaatliche Angelegenheiten handele, in die sich weder Bundesrepublik noch EU einmischen. Zu wirtschaftlichen Fragen wurde klar, dass Deutschland und Großbritannien wie bisher bereits intensive wirtschaftliche Verbindungen pflegen wollen.
Wächst die EU mit dem Austritt Groß-Britanniens enger zusammen?
Ob die EU mit dem Austritt auch in Steuerfragen oder im Bereich Soziales oder Umwelt leichter auf einen gemeinsamen Nenner komme, wollten die Gäste wissen. Es sei derzeit eher nicht zu erwarten, dass ein Feuerwerk an Lösungen für Europäische Fragen nach dem Austritt Großbritanniens innerhalb der verbleibenden 27 Staaten in der EU geklärt werden könne, so Dittmann. Eine gute Orientierung böten aber die von der EU-Kommission veröffentlichen Informationen, so der hochrangige Gast aus Berlin.
Weniger überraschend gab es auch die Frage, ob Deutschland denn nun mehr bezahle, wenn Großbritannien nicht mehr an Bord sei. Hier sähe die EU einerseits Einsparungen vor. Andererseits würden aufgrund erweiterter Aufgaben wie die Sicherung der EU-Außengrenzen auch weitere Gelder benötigt werden. Spannend und noch nicht bekannt sind die Auswirkungen auf sicherheitsrelevante Aspekte des Galileo-Projektes. Denn die Satelliten sollen Mitgliedsstaaten der EU zur Verfügung stehen, wozu das Vereinigte Königreich dann nicht mehr zählt. Auch in wieweit Teile des „Schweizer“ oder des „Norwegischen Modells“ zum tragen kommen sei noch nicht abschließend geklärt, da Großbritannien ja gerade nicht dem Schengen-Raum angehören möchte, wie etwa die Schweiz und die Verflechtungen Norwegens mit der EU ebenfalls nicht wünscht, führt Axel Dittmann aus. Dennoch – bei 80 bis 85 % des Vertragswerkes sei Übereinstimmung erzielt worden, wie Moderator Thorsten Frank zusammenfasst. Der Vorsitzende der Europa-Union Augsburg verband sein Fazit mit der Hoffnung, dass am Ende die Vernunft über eine unnötig schwierige Loose-Loose-Situation für alle Beteiligten hinaus helfe. Der Oktober wird zeigen, worauf sich die Staats- und Regierungs-Chefs, die EU und die Briten einigen können. Falls es zu keiner Einigung komme, bereite sich die Europäische Union und Deutschland auch darauf bereits jetzt vor, schließt der BREXIT-Beauftragte ab. In intensiven Gruppen- und Zweiergesprächen klang der Abend dann beim anschließenden kleinen Empfang aus.
Europa bleibt Europa – die Frage ist nur, wie die Euopäer miteinander umgehen
Weitere Bilder und ein Video des Auswärtigen Amtes: https://twitter.com/GermanyonBrexit/status/1049684643946143746