Die Preisträger des Deutschen Friedenspreises 2018, Jan und Aleida Assmann waren zum Abschluss der Europäischen Wochen in Burghausen im Ankersaal und hielten ein Plädoyer für Europa.
Europa sucht ein Narrativ, so die Gastrednerin, eine Erzählung ihrer Entwicklung, die bei der Sinnsuche der Gemeinschaft hilft. Grundlage eines Narrativs ist die Europäische Menschenrechtscharta, an der die Entscheidungen des Parlaments und der Kommission überprüft werden und die die Richtschnur europäischer Bewegungen ist.
Eine der Gründungserzählungen ist die Erinnerung an den 2. Weltkrieg und die Überwindung der Feindschaften, die zur Gründung der Europäischen Union führten. In den Jahren um 1970 erfolgte eine Erweiterung der EU, ab 1990 nach dem Zusammenbruch des Ostblocks kamen die Länder des Ostens in die Gemeinschaft und eine neue Erinnerungskultur bahnte sich an.
Hinderlich dabei ist das nationale Gedächtnis der einzelnen Staaten, die aus dem Sieg, dem Widerstand und der Opferrolle agieren. Bei genauer Betrachtung sind dies Mythen, die einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht standhalten. Erst langsam versuchen Wissenschaftler die Rolle der einzelnen Völker zu untersuchen, oft mit dem Widerstand einer rückwärtsgewandten Bevölkerung. Ein europäischen Narrativ kann sich erst bilden, wenn die eigene Geschichte selbstkritisch erforscht wird, die Zeugen gehört werden und dialogisch die Politik weiter betrieben wird.
Leider erfahren wir seit 2015 eine Polarisierung zwischen dem Verleugnen der eigenen Geschichte und dem differenzierten Blick auf die Vergangenheit. Aus diesen Gedanken ist auch die Nationalisierung der östlichen Nachbarn zu verstehen.
Es folgte eine intensive Diskussion, die vom Geschäftsführer der europäischen Wochen Carsten Gerhard geleitet wurde. Der Vorsitzender der Europa-Union Kreisverband Altötting, Helmut Tiefenthaler beteiligte sich an dem Gedankenaustausch.
Aleida Assmann schloss mit ihrem Festvortrag die Europäischen Wochen in Niederbayern.