Anlässlich der Vorstandssitzung des Bezirksverbandes der Europa-Union Unterfranken am 15.09.2018 im Europa-Haus des Kreisverbandes der Europa-Union Hammelburg berichtete Christian Staat über seine Erfahrungen in Brüssel, da er es gerade in diesen Zeiten es als extrem wichtig ansieht, die Europa-Politik aus Brüssel zu erklären und verständlich für die Menschen zu machen. Er ist in Büchold bei Arnstein aufgewachsen und arbeitet momentan im Team von EU-Kommissar Günther Oettinger.
Salopp gesagt gibt es überall drei Arten Politik zu machen: erstens miteinander reden, zweitens regulieren und drittens Geld ausgeben. Der Beitrag der 28 EU-Mitgliedstaaten lag bisher bei 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung jedes Mitgliedstaats, sprich des Bruttonationalprodukts, für den Haushaltsrahmen 2014 bis 2020. Damit zahlte jeder Unionsbürger lediglich den Preis einer Tasse Kaffee pro Tag nach Brüssel! Die EU-Kommission hat für den kommenden Haushaltsrahmen von 2021 bis 2027 ein Maximum von 1,3 Billionen Euro an Ausgaben vorgeschlagen. Dies entspricht rund 1,14 Prozent des Bruttonationalprodukts der EU27 und liegt somit unter dem Vorschlag des EU-Parlaments. Dieses fordert Ausgaben in Höhe von 1,3 Prozent des BNP. Relativ ist das eine Erhöhung des Anteils an der Wirtschaftsleistung, in Wirklichkeit müssen allerdings Kürzungen vorgenommen werden, da ein großer Beitragszahler – Großbritannien aus der EU ausscheidet. Diese Finanzierungslücke von zwölf bis vierzehn Milliarden Euro pro Jahr soll zur Hälfte eingespart werden und zur Hälfte umgeschichtet werden. Hinzu kommen auf Europa neue langfristig angelegte Prioritäten zu – nämlich Sicherheit, Verteidigung und Migration. Deshalb kommt man nicht um Einschnitte bei den großen Ausgabenbereichen hinweg in der gemeinsamen Agrarpolitik sowie bei den Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Kohäsionsfonds. Dagegen sollen die Forschungsmittel und das Programm Erasmus plus, mit dem Studenten, Berufsauszubildende und Praktikanten Auslandsaufenthalte ermöglicht werden, deutlich erhöht werden. Unter dem neuen Titel „Discover EU“ sind Ausgaben in Höhe von max. 700 Mio. € über 7 Jahre geplant, für das von Manfred Weber im Europäischen Parlament vorgeschlagene Interrail-Ticket. Momentan wird dies mit einem Pilotprojekt von 15.000 Tickets getestet. Fraglich ist, ob ein freies Interrail-Ticket zukünftig jedem 18 jährigen zum Geburtstag geschenkt werden soll oder nur wenn sich die Bewerber für einen europäischen Freiwilligendienst verpflichten. Dieser bereits bestehende Freiwilligendienst ermöglicht jungen Menschen, im Ausland an Freiwilligenprojekten teilzunehmen. Dabei verpflichte man sich für eine Organisation im Ausland zu arbeiten. Die Projekte können vielfältige Aktivitäten zum Beispiel in den Bereichen Jugendarbeit, Kultur, Sozialarbeit oder Umweltschutz umfassen. Ihre Freiwilligenarbeit ist unbezahlt und findet auf Vollzeitbasis statt. Sie dauern mindestens zwei Wochen und höchstens ein Jahr.
Beim jährlichen Haushaltsplan für 2019, der bei etwa 150 Mrd. € liegt, fließen jeweils etwa ein Drittel in den Agrarbereich, ein Drittel in Struktur- und Kohäsionsfonds, die Infrastruktur und Bildung fördern. Etwa 20 % werden über das Programm „Horizon 2020“ für Forschung und Entwicklung investiert, 5% sind Verwaltungsausgaben.
Die Entscheidungen wofür EU-Gelder ausgegeben werden, richten sich nach dem Grundsatz, wo der europäische Mehrwert ist und was auf EU-Ebene besser organisiert werden kann. Für die EU-Einnahmen sind die Finanzminister und für die Ausgaben die Außenminister der EU-Mitgliedstaaten zuständig. Günther Oettinger will es als aktueller Haushaltskommissar schaffen, noch vor der Europawahl in 2019 eine Einigung für den Haushaltsrahmen von 2021 bis 2027 mit allen EU-Mitgliedstaaten zu erzielen. Grundsätzlich kann die EU keine Schulden machen, sondern nur das ausgeben, was die dann nur noch 27 EU-Mitgliedstaaten einzahlen. Auf der Fachebene scheint es gut voranzugehen. Jetzt kommt es aber darauf an, dass auf der politischen Ebene – also bei den Außen-, Europa- und den Finanzministern – die Beratungen Priorität erhalten. Wenn in den allermeisten Bereichen Übereinstimmung erzielt wurde und es in einigen noch entscheidende Vorgaben braucht, müssen die Staats- und Regierungschefs Lösungen bei einem regulären Treffen oder bei einem Sondergipfel finden. Dann könnte es bis Ostern nächsten Jahres mit der Verabschiedung klappen. Gelingt dies nicht, wird man nach der Europawahl weiterverhandeln. Bei einem abermaligen Scheitern wird das Budget des Haushaltsjahres 2020 fürs erste für das Jahr 2021 übernommen. Dies wird allerdings nicht Inflations-bereinigt sein und fällt damit geringer aus.
Der Vorstand des Bezirksverbandes war sehr beeindruckt von den Ausführungen und der Komplexität der Aufgaben im Team von Günther Oettinger. Er bedankte sich auch für die Hinweise, wie man Bildungsreisen für Jugendliche über eine Mischkalkulation günstig finanzieren kann.