Am 27.09. sprach Daniela Mahler, eine ehemalige Politikerin der Alternative für Deutschland (AfD) und aktuell Stadträtin in Schweinfurt, offen über ihre Zeit in der Partei und den schwierigen Weg, den sie nach ihrem Austritt zurückgelegt hat. In der von der Europa Union Unterfranken bzw. Hammelburg und dem Aktionskreis Hammelburg organisierten Veranstaltung gewährte sie rund 100 Interessierten einen tiefen Einblick in die internen Abläufe der AfD und beschrieb, wie die Partei gezielt ihre Mitglieder bindet und deren Ansichten beeinflusst.

Dabei ging sie auf die Entwicklung der Partei, die zunehmende Radikalisierung und den Einsatz manipulativer Taktiken ein, die die Meinungsbildung der Mitglieder systematisch steuern.

Mahler erzählte, dass sie ursprünglich ohne politische Ambitionen über Pegida zur AfD gekommen war. Schon früh sei sie mit Verschwörungstheorien in Berührung gekommen, die in der Partei weit verbreitet seien. Sie berichtete von einer Parallelwelt, die viele AfD-Mitglieder erleben: einerseits die öffentliche Berichterstattung und andererseits die „alternativen Nachrichten“, auf die sich die Partei stütze. Diese „alternativen“ Informationsquellen stellten gezielt Fakten infrage und formten ein verzerrtes Weltbild. Gerade Menschen, die unzufrieden seien, würden von diesen vereinfachten und oft manipulativen Erklärungen angezogen.

Als stellvertretende Bezirksvorsitzende arbeite Mahler auch im Bezirksbüro in Schweinfurt und erlebte die Arbeit der AfD hautnah. Sie schilderte, dass sie anfangs eine starke Gemeinschaft und ein intensives ,,Wir-Gefühl“ in der Partei erlebte. Parteitage, so Mahler, seien von lebhaften Diskussionen geprägt gewesen, bei denen sich die Mitglieder als ,,wahre Demokraten“ betrachteten. Mit der Zeit jedoch, insbesondere nach der Flüchtlingskrise und während der Corona-Pandemie, habe sich die Dynamik verändert. Extremere Ansichten gewannen an Einfluss, und rechte Strömungen wurden zunehmend integriert.

Auf die Frage, ob es Nazis in der AfD gebe, erklärte Mahler, dass früher versucht wurde, rechtsextreme Mitglieder aus der Partei zu entfernen. Doch seit 2018, vor allem nach dem sogenannten „Trauermarsch“ in Chemnitz, sei dieser Ansatz weitgehend aufgegeben worden. Der sogenannte „Flügel“, eine rechtsextreme Strömung innerhalb der AfD, habe seitdem die Mehrheit gewonnen und radikale Positionen seien immer stärker akzeptiert worden.

Ein wiederkehrendes Thema in Mahlers Bericht war die gezielte Nutzung von sozialen Medien, um die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren. Plattformen wie TikTok und Telegram seien für die Partei von besonderer Bedeutung, um junge Menschen anzusprechen und ihre Botschaften zu verbreiten. AfD-Abgeordnete setzten vermehrt auf Influencer anstatt auf wissenschaftliche Mitarbeiter, um ihre Ideologie in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Die Partei nutze bewusst Emotionen wie Wut und Angst, um ihre Anhänger emotional zu binden und ein Gefühl der Dringlichkeit und Bedrohung zu erzeugen.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch die Frage gestellt, wie man der AfD begegnen solle. Mahler betonte, dass die Partei auf die Opferrolle setze und sich durch Angriffe von außen in ihrem Weltbild bestärkt fühle. Eine Taktik, die funktionieren könnte, sei es, der AfD die Aufmerksamkeit zu entziehen, da sie von öffentlicher Empörung lebe. Sie äußerte außerdem ihre Bedenken über die russische Unterstützung der Partei, die ihrer Meinung nach in Form von Propaganda und gezielter Beeinflussung über soziale Netzwerke erfolge.

Wichtig sei ihr deshalb die Stärkung der Medienkompetenz, insbesondere bei Jugendlichen. In einer Zeit, in der soziale Medien eine immer größere Rolle bei der Meinungsbildung spielen, müsse jungen Menschen lernen, Informationen kritisch zu hinterfragen und sich nicht von manipulativen Inhalten beeinflussen zu lassen.

Besonders eindrücklich beschrieb Mahler die leere, die sie nach ihrem Austritt aus der Partei verspürte. Die Gemeinschaft, die sie in der AfD erlebt hatte, sei intensiv gewesen, und es sei ihr schwergefallen, nach dem Austritt wieder Fuß zu fassen. Der emotionale und soziale Verlust, den sie erlebte, zeige, wie tief die Bindung innerhalb der Partei sei. Dennoch betonte sie, dass sie keinen Weg zurücksehe, auch wenn schwache Momente unvermeidbar seien.

Auf die Frage, ob sie sich eine politische Zukunft vorstellen könne, sagte Mahler, dass sie zwar noch zögere, aber offen für eine neue politische Heimat sei, sich aber noch nicht entschieden habe, in welche Richtung es gehen solle.

Durchgehend sticht heraus, dass die AfD ihre Mitglieder durch emotionale Bindungen und gezielte Manipulation festhalte. Die Partei gebe ein starkes Gemeinschaftsgefühl und zeichne gleichzeitig die Außenwelt als bedrohlich und feindselig. Diese Mechanismen sorgten dafür, dass viele Mitglieder trotz wachsender Radikalisierung in der Partei verblieben. Mahler stellte fest, dass diese Art der emotionalen und ideologischen Kontrolle auch aus anderen Organisationen bekannt sei, die darauf ausgerichtet sind, ihre Anhänger systematisch zu beeinflussen und zu steuern – ein Vorgehen, das dem von Sekten ähnele.

Markus Heurung, Aktionskreis Hammelburg – Gemeinsam stark für Demokratie