Bericht: Elisa Fabich / Europäische Akademie Inntal

Unter dem Motto „Europa trifft Inntal“ wurde Kufstein am Wochenende zum Treffpunkt für engagierte Europäerinnen und Europäer, junge Stimmen und politisch Interessierte. Beim bayerisch-tiroler Europafest, das von der Europäischen Akademie Inntal unter Leitung der beiden Gründerinnen Dr. Natascha Zeitel-Bank und Miriam Leunissen organisiert wurde, versammelten sich mehr als 20 Organisationen und Initiativen aus Bayern, Tirol und darüber hinaus. Darunter die Europa-Union Rosenheim. Gemeinsam gelang es den Europafreunden und -freundinnen in der Festungsstadt am Europatag 2025 ein buntes, interaktives Programm für Europainteressierte jeden Alters zu gestalten – mit Informationen, Diskussionen, Kunst, Spiel und Musik.

Bereits ab Mittag erwartete Besucherinnen und Besucher auf verschiedenen Aktionsflächen ein breites Angebot: von „Europa malen“ über Impro-Spiele bis hin zum Bücherbinden für Kinder – für jede Altersgruppe war etwas dabei. Während die Universität Innsbruck mit einer Pop-up-Uni das Thema „Europa trifft Science“ aufgriff, konnten Kinder bei der Dosenritterrallye oder am Europa-Glücksrad ihr Wissen und Geschick unter Beweis stellen.

Gegen 15.30 Uhr – und damit pünktlich, obwohl der Aufzug kurz zuvor noch ausgefallen war – startete schließlich der offizielle Teil des Europafestes im Kaisertum der Festung Kufstein, der dank Unterstützung der Stadt Kufstein genutzt werden konnte. An zahlreichen Ständen boten verschiedene Initiativen aus Tirol und Bayern wie Pulse of Europe, Volt, Europa-Union Rosenheim und Europäische Föderalistische Bewegung Österreich, der Verein Cubic aus Innsbruck und der Club Alpbach Tirol den Besucherinnen und Besuchern Informationen zu ihrer Arbeit an. Gemeinsam mit der Europäischen Akademie Inntal lud die vhs Brannenburg zum Dialog über Europas Zukunft ein.

Workshops und Kinderaktivitäten unterstützen u.a. die Buchbinderein Pappenstil aus Rosenheim, Tanja Kopp aus Oberaudorf mit Improtheater, Christian Schmidt-Linnartz aus Kiefersfelden mit langjähriger Erfahrung im Poetry-Slam. Als Expertin für die Filmmatinee des Europafilms über Jean Monnet, einen der Gründerväter des heutigen Europas und der EU ludt Rosenheims MdEP Maria Noichl mit ein.

Ein erster Höhepunkt des Nachmittags war das von Schülerinnen und Schülern der Internationalen Schule Kufstein gestaltete Europa-Quiz, bei dem rund 20 motivierte Teilnehmende gegeneinander antraten – mit Preisen für die besten drei. Das Quiz lockerte die Stimmung spürbar, und spätestens zu diesem Zeitpunkt lag die volle Aufmerksamkeit aller Gäste auf der Bühne.

Das kam auch einem jungen Briten zugute, der im Anschluss auf die Bühne trat. Unter dem Titel „If Britain hadn’t left“ schilderte der 20-jährige Alex, eingeladen von der Europäischen Akademie Inntal, eindrucksvoll die persönlichen Folgen des Brexits. Der für ihn wohl größte Einschnitt sei die durch den Brexit genommene Freizügigkeit. Denn was für junge Menschen auf dem europäischen Festland selbstverständlich ist – wie etwa ohne Visum unbegrenzt in Europa zu reisen oder in anderen EU-Staaten zu studieren –, ist für Alex teilweise nahezu unmöglich oder, wenn überhaupt, mit hohen Kosten verbunden. „Ich musste tausende Euro ausgeben, nur um in Europa leben und arbeiten zu können“, erzählte er, und die Atmosphäre im Saal wurde merklich nachdenklicher. Denn seine Erfahrungen zeigten deutlich: In der Europäischen Union zu leben, gehört für die Menschen in der EU einfach zum Alltag. Doch die Privilegien, die für viele von uns dadurch entstehen, sind alles andere als alltäglich und lösen in vielen Menschen, die sie nicht haben, große Sehnsüchte aus.

Mit dem Format „Europa After Work – Europadialoge am Inn“ ging das Fest in die Abendstunden über. Der erste Vizebürgermeister Kufsteins, Stefan Graf, eröffnete die Runde mit einem Impuls zur besonderen Lage Kufsteins im Herzen Europas. Beim anschließenden Townhall Talk wurde offen über die Zukunft Europas diskutiert. Unter dem Titel „Wie kann es mit Europa weitergehen?“ rückten europapolitische Fragen in den Mittelpunkt. Rechtsanwältin Monika Hermann warb für transnationale Wahllisten, um die europäische Demokratie zu stärken. Rico Winter, Bundesvorstand von Volt Österreich berichtete über die Herausforderungen junger, europäischer Parteien bei Wahlen und warb beispielsweise für eine Angleichung bürokratischer Prozesse in den einzelnen Mitgliedstaaten. Die rege Beteiligung des Publikums eröffnete darüber hinaus bereichernde Perspektiven und machte Europa persönlich und greifbar.

In einer weiteren Diskussionsrunde „Europa – EU = ? ‚Was wäre, wenn es die EU nicht gäbe …?‘“ mit Vertreter:innen aus Politik und Wirtschaft – darunter Sebastian Kolland (Tiroler Landtag), Andreas Lau (IHK München) und Hermann Weratschnig (ehem. Nationalrat) – wurde die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit betont. Und das nicht nur auf politischer oder wirtschaftlicher Ebene, irgendwo zwischen Brüssel, Berlin und Wien, sondern auch auf lokaler Ebene, wie

beispielsweise in der Grenzregion Kufstein. So sei die grenzüberschreitende Zusammenarbeit insbesondere in Bezug auf Feuerwehr, Polizei oder Rettung unabdingbar und fester Bestandteil des Alltags – auch wenn nationale Gesetze oder technische Barrieren wie inkompatible Funksysteme noch immer Herausforderungen darstellen.

Der Abschluss des Tages stand schließlich ganz im Zeichen von Kultur und Kreativität: Bei der Poetry-Slam-Revue unter dem Titel „Heimat – Europa?“ begeisterten erfahrene Slammer:innen aus beiden Regionen wie Nik der König und Janick aus Tirol und Christian Schmitz-Linnartz (CSL)und Bert Uschner aus Oberbayern das Publikum. Musikalisch begleitet wurde der Abend von Simon Rogin von der Innsbrucker Band „DreimalumAlpha“ sowie dem in München ansässigen kolumbianischen Künstler Andrés und Freunden.

Und auch am nächsten Morgen ging es noch einmal europäisch weiter: Bei einer Kinomatinee wurde die österreichische Premiere des Films „Der Mann im Schatten“ gezeigt, der das Leben von Jean Monnet – einem der Gründerväter Europas – beleuchtet. Anschließend diskutierten MdEP Maria Noichl aus Rosenheim und Eva Lichtenberger (EFB Österreich) bei Croissants, französischem Sekt und Kaffee über Europas Geschichte und Zukunft.

Fest steht: Diese zwei Tage Europafest in Kufstein waren weit mehr als eine Informationsveranstaltung – es war ein lebendiges Plädoyer für Zusammenhalt, Austausch und Engagement für ein starkes Europa sowie ein Weckruf für alle Bürgerinnen und Bürger der EU, die vielfältigen Privilegien dieser Union zu schätzen. Darüber hinaus wurde deutlich: Gerade in Zeiten von Krisen, Unsicherheit und Populismus braucht es offene Räume für Dialog, gemeinsames Lernen – und ein klares Ja zu Europa.