Am 23. Nov. 2022 trafen sich 22 Europa-Interessierte zum sechsten Europa-Salon im Kultur-Café Krem. Nach einer kurzen Begrüßung durch den Kreisvorsitzenden Dieter Schornick führte der stellvertretende Vorsitzende Reinhard Paczesny durch das Programm, in dem es im politischen Teil um das Verhältnis zwischen der EU und der Ukraine, im musikalischen Teil um Gitarrenklänge und im literarischen um neuere italienische Literatur ging.

Die Themenblöcke „POLITIK + MUSIK + LITERATUR“ hatten jeweils einen Zeitrahmen von etwa 30 Minuten und erlaubten in den Pausen anregende Gespräche.

Jan Deller, das neue Vorstandsmitglied der Jungen Europäischen Föderalisten (JEF, der Jugendorganisation der Europa-Union Aschaffenburg), präsentierte im politischen Teil sehr eindrucksvoll die Entwicklungen der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine, nach dem Untergang der Sowjetunion. So kam es nach drei Verhandlungsrunden in den Jahren 1992/1993 zur Unterzeichnung eines Partnerschafts- und Kooperationsabkommens mit der EU, in dem die demokratische Entwicklung der Ukraine, die Etablierung einer funktionierenden Marktwirtschaft und die Achtung der Menschenrechte, die Grundlage waren. Seit 2007 gab es Verhandlungen über ein mögliches Assoziierungsabkommen, das zwar 2011 inhaltlich abgeschlossen, aber durch den russlandfreundlichen Präsidenten Janukowitsch 2013 endgültig abgesagt wurde. Nach der Annexion der Krim in 2014, dem Volksaufstand auf dem Maidan in Kiew, der Flucht Janukowitschs nach Russland und der erneuten Annäherung an die EU wurde der politische Teil des Abkommens 2014 unterschrieben. So kam es 2017 zu Visaerleichterungen für die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine und 2019 zu einer Verankerung der Westorientierung in der ukrainischen Verfassung. Aufgrund der Invasion Russlands am 24. Febr. 2022 stellte die Ukraine am 17. Juni 2022 einen Antrag zur Aufnahme in die EU. Am 23. Juni 2022 erteilte die EU der Ukraine den Status eines Beitrittskandi-daten. Dennoch ist mit keiner baldigen Aufnahme in die EU zu rechnen, da es noch viele Probleme bei der Rechtsstaatlichkeit, der Korruptionsbekämpfung, der angespannten wirtschaftlichen Lage und der sehr umfangreichen Implementierung des „Acquis Communautaire“ (Umsetzung der mehr als 20.000 Seiten umfassende EU-Gesetze und -Regularien in nationales Recht) gibt.

Im musikalischen Part präsentierten Anna und Felix Spicka internationale Gitarrenmusik. Beide sind, sowohl als Duo wie auch als Einzelinterpreten seit langen Jahren Preisträger bei „Jugend musiziert“.

Der Literaturteil war thematisch auf Italien ausgelegt, beginnend mit einem zweisprachigen Auszug (Marjorie Pieralisi und Reinhard Paczesny) aus Italo Svevos Klassiker Zenos Gewissen. Ein Werk, in dem hinter der Fassade dahinerzählter Geschehnisse das nicht Bewältigbare des Lebens durch-scheint. Den Schlussakzent setzte Susanne Leeb, Lehrkraft für Englisch und Italienisch am Dalberg-Gymnasium Aschaffenburg, mit einer distinguierten Präsentation von Silvia Avallones zeitgenössischem – eher sozialkritischem – Roman Ein Sommer aus Stahl, in dem auf vielschichtige und sehr dicht erzählte Weise Individualgeschichte, Lebensumfeld und Lebensprobleme zweier heranwachsender Mädchen geschildert werden.

Der siebte Europa-Salon ist für das Frühjahr 2023 im Café Krem geplant. Er wird in der gleichen Abfolge „Politik + Musik + Literatur“ stattfinden. Die Veranstaltung ist kostenlos und beginnt um 19.00 Uhr. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit Ihnen, Ihren Freunden und Bekannten sowie interessierten Gästen und wünschen Ihnen eine gesunde und wunderschöne Vorweihnachtszeit!